vom schlichten KöhlerGlauben
Köhlerfest 8. - 10. September Augustenthal
Du bist der Dunkle und Verrußte
am Meiler der Unendlichkeit.
Ich schwinde hin wie dieses Scheit ...
du aber bleibst ohn‘ all Verluste
der Herr von Feuer, Raum und Zeit.
Du bists, der mit des Zirkels Spanne
dem schwarzen Kreise Sinn beschert -
und wurdest anders nie gelehrt:
Als Köhler mit dem dichten Barte
von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Komm, segne nun das Werk der Hände,
die diesen Holzstoß auferbaut -
und seinen Brand bis hin zum Ende:
Die Glut, die Flamme und den Rauch.
Lass dann zur Winterszeit uns holen
vom Lebensbaume schwarze Kohlen,
dass sie uns werden wie die Sonne -
in Ofen, Herd und Eisentonne.
Und zünden an bei dem Altar
den Weihrauch, wie es immer war.
Vom schlichten Köhlerglauben wird Folgendes erzählt: Kein Geringerer als der Theologe Friedrich Christoph Oetinger (1702-1782) ging im Wald spazieren und verirrte sich daselbst rettungslos. Da roch er am Abend, als es kühler wurde, einen Brand und ging dem Duft des glimmenden Holzes nach - denn er meinte, wo Rauch ist, da ist auch Feuer. Und wo Feuer, da ein Herd. So gelangte der Gelehrte schließlich recht abgekämpft an eines Köhlers Hütte. Und der Köhler schaute mit schwarzem Gesicht von seinem Meiler herab auf den sauberen Mann aus der Stadt und fragte, was dessen Begehr. Der Theologe blickte den Köhler an und bekannte, dass er sich verirrt habe im finsteren Walde und den Ausweg nicht mehr fände. Da zeigte der gute Köhler dem Verlaufenen den Weg zurück aus dem Köhlerwald und segnete ihn mit einfachen Worten.
Beim solchem Abschied vom Meiler fragte der Theologe den Köhler:
"Ich sehe, Ihr seid Christ. Aber woran glaubt Ihr, guter Mann?"
Der Köhler antwortete: "Ich glaube, was die Kirche glaubt!"
Der Theologe entgegnete: "Und was glaubt die Kirche?"
Darauf der Köhler: "Die Kirche glaubt, was ich glaube."
Genau das ist der schlichte Köhlerglaube. Solange die Kirche noch glaubt, was die Köhler glauben, werden die Pforten der Hölle beide nicht unter sich begraben können.
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Das o.g. Köhlergebet soll nach der glücklichen Heimkehr des Theologen Friedrich Christoph Oetinger am 9.9.1738 aus dem Köhlerwald bei Hirsau entstanden sein. Oetinger war an der Wissenschaft der Alchemie interessiert - von ihm stammt die Schrift "Signatura Rerum", worin von den unsichtbaren Anfängen des Spiritus Rectoris oder bildenden Geistes in den Pflanzen, von der Signatura rerum & hominum, von den Lehr-Sätzen des grossen Hippocratis und der Alten ... gehandelt wird.
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