Zum 22.2.2024
Lob dem Querdenker
Nun hat er wieder Geburtstag. Immer am 22. Februar ist es soweit. 236 Jahre alt wird er heute am 22.2.2024. Arthur Schopenhauer. Der kleine Arthur wird 1788 in Danzig geboren und seine Vorfahren sind vermögende Kaufleute. Das soll der Bub später auch mal machen (Zeug kaufen und wieder verkaufen) - aber der kleine stolze Mann wird doch lieber Philosoph, der Zeit seines Lebens sehr viel von sich selber gehalten hat. Daran können wir uns ein richtiges Beispiel für uns selber nehmen: Einer gehe seinen Weg - unbeirrt von dem, was andere sagen. Schopenhauers letztes Gedicht lautet folgendermaßen:
Ermattet steh ich nun am Ziel der Bahn / das schwache Haupt kann kaum den Lorbeer tragen. / Ich schau zurück auf das, was ich getan / ganz unbeirrt davon, was andre sagen.
Ist das dieser Tage nicht ein wirklich tröstlicher Spruch? Jawohl! Wenn Arthur sicher auch kein Querdenker gewesen sein wollte - so wollte er doch ein Sehr-Denker sein und ist es auch geblieben bis auf den heutigen Tag. Seine Vorlesungen in Berlin legte er stets auf die von einem Hauptkonkurrenten, von dem er nichts hielt und den er mit beißendem Spott überschüttete. Zuhörer hatte Schopenhauer deswegen nur drei oder vier. Denn die Leute liefen zum MainstreamGroßDenker Hegel. Aber Erfolg hat der kleine Philosoph mit dem schlohweißen Schopf später dann doch gehabt. Ihm verdanken wir den Buddhismus in Europa. Arthur war einer jener Ersten, welche die abendländisch-europäische Denkungsart dem fernöstlichen China öffneten. Er hatte auch ein Haustier - den Pudel Atman. Vom gewöhnlichen Kirchenglauben seiner Zeit hielt er sich einigermaßen vornehm entfernt. Der Pudel hieß also Atman - und immer wenn er gestorben war, wurde ein neuer Hund derselben Rasse beschafft, der ebenso schwarz ausschaute. Denn Atman - Sanskrit für Weltseele - kann nicht sterben.
Schopenhauer spielte Flöte und Geige. Und wohnte eine Zeit lang in Dresden. Am offnen Fenster stimmte er eines schönen Tages die Violine. Da kam Richard Wagner (damals noch ein Jüngling!) vorbei und hörte eine der pythagoräisch reinen Quinten, auf die die Geigensaiten gestimmt werden. Richard blieb auf der Straße stehen. Und das!!! war seine erste bewusste Begegnung mit der Musik. Diese eine Quinte Arthurs (Gregor-Dellin berichtet in seiner wunderbaren Wagnerbiographie davon) ist der Grundakkord der frühen Opern, des späteren Rings und des alles abschließenden Parzival gewesen.
Frage: „Was lehrt uns das?” Antwort: Spiele deinen Ton am offenen Fenster. Stimme ihn rein auf die Quinten drüber und drunter. Die richtigen Leute werden dich hören. Und werden dann auf dem, was wirklich stimmt und rein klingt, ihre eigenen Wahrheiten aufbauen wollen und können. Als Schopenhauer gefragt wurde, wo er begraben sein wolle, antwortete er: „Egal wo - man wird mich finden!” Ein anderes Mal: „Gleich neben Kanten”. Denn der Königsberger „Alleszermalmer” hatte es ihm sehr angetan. Alles was falsch ist und die Wahrheit nur elend verdeckt, das wollte Schopenhauer aufzeigen und offenbaren. Darin hat er seinem Meister nachgeeifert. Und darin ist er auch einer der wichtigen Vorreiter Nietzsches gewesen. Kant, Schopenhauer und Nietzsche lesen - das hat nicht jedem immer gut getan. Man muss dabei etwas Gegenteiliges in die Waagschalen werfen. Das ist der Trick! Etwa beim Lesen Wagnermusik hören und dabei gut essen und trinken. Sonst mag es mit einem schlimm ausgehen … Noch was! Schopenhauers wichtigstes Buch heißt: DIE WELT ALS WILLE UND VORSTELLUNG. Darin wird einigermaßen lang und umständlich beschrieben, dass die Welt, so, wie sie ist, von uns selber mit Hilfe unserer (dem blinden Willen unterworfenen) Vorstellungen gemacht wird, weil unsere Vorstellungen von der Welt selbige Welt erst als etwas angeblich Unabdingliches existieren lassen. Darauf bilden wir uns enorm viel ein. Was wir denken - das halten wir für Wahrheit, weil wir gar nicht andres können. DIE WELT ALS BILLIGE VORSTELLUNG hat deshalb einmal ein Spaßvogel den Buchtitel fröhlich abgeändert. Und hat nicht ganz unrecht damit!
Was merken wir uns von dem Ganzen? Wir stimmen unsere Violine am offenen Fenster auf die Quinte. Damit das, was stimmt, von anderen gehört werden kann. Wer Ohren hat zum Hören, der höre! Und wer ein Hirn noch hat, begreife!
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