Erwachen
aus dem Kirchenschlaf
Dann gab die Mutter ihn in Gottes Tempel,
dass er dem Priester Eli wär zu Hand.
"Spalt Holz, trag Wasser her und wasch die Stempel -
führ uns den Hauhalt mit Verstand!"
Mit Namen rief man Samuel den Knaben,
als der im zwölften Jahre sich befand.
Er lernt die Kunst der heiligen Buchstaben,
wacht an dem Schrein der Bundeslade gern -
und pflegt das Werk der Bienen in den Waben,
verzeichnend treu die Spur von Mond und Stern.
Denn blind geworden sind des Priesters Augen -
und seine Söhne lästern Gott, den HERRN:
„Was sollen Gottesdienste uns noch taugen,
und das Gesinge dort im alten Zelt?“
Sie fingen an den Kasten auszurauben,
darinnen man verwahrt des Opfers Geld.
So immer mehr verkam der Sinn der Lade,
und schwand dahin der Kirche heil'ge Welt
Selbst Offenbarung wurde selten. Schade -
es wichen aus dem Tempel Glück und Gnade.
Es naht die Nacht, in der die Menschen schlafen.
Auch Eli auf geflochtner Matte ruht
und Samuel weilt in des Traumes Hafen,
als in der Kirche Gottes sich was tut:
Rief eine Stimme lautlos aus dem Rahmen?
Gleich Samuel zu Eli läuft. Mit Mut
spricht leise er: „Hier bin ich Meister - Amen!”
Doch Eli meint zu ihm: „Ich rief dich nicht.
Leg bei der Tür dich hin in Gottes Namen!“
Doch wieder spricht zu ihm das sanfte Licht …
Er eilt zu Eli: „Hast du mich gerufen?”
Doch der entgegnete dem kleinen Wicht:
„Wähl deinen Platz dort an des Altars Stufen
und wenn die Stimme wieder zu dir dringt:
schreib auf, was ihre Worte in dir schufen!”
Ging Samuel und folgte Elis Wink.
Dicht bei dem heilgen Schrein lag wach der Kleine
und wie er wieder tief im Traum versinkt,
ruft ihn der HERR: „Du bist es, den ich meine!”
Vom Schlaf erwacht tut Samuel das Seine.
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