»Verley uns frieden«
Heinrich-Schütz-Musikfest: Die Organisatoren stellen im Jubiläumsjahr die Sehnsucht nach Frieden in den Mittelpunkt.
Von Wolfgang Hesse
Vom 5. bis 14. Oktober 2018 laden die mitteldeutschen Länder zum deutschlandweit bedeutendsten Festival für Musik des 17. Jahrhunderts ein. Das Musikfest trägt den Namen von Heinrich Schütz und findet an historischen Lebensorten des Komponisten statt. Am 8. Oktober 1585 erblickte Heinrich Schütz (1585–1672) in Bad Köstritz, unweit von Gera, das Licht der Welt. Mit Beginn seiner intensiven Schaffenszeit begann im Jahre 1618 der Dreißigjährige Krieg (1618–1648), der Leben und Werk des Komponisten prägen sollte.
In diesem Jahr, 400 Jahre danach, erinnert man sich nicht nur daran, sondern auch an das Ende des 1. Weltkrieges von 100 Jahren. Die fortwährende Geschichte von Kriegen und die Suche nach Frieden finden sich im 20. Jahr der Schützmusiktage unmittelbar im Programm wieder. »Verley uns frieden« aus der gleichnamigen Motette von Heinrich Schütz steht über 42 Veranstaltungen im Jubiläumsjahr. Die lutherische Schreibweise verrät es, der Wunsch nach Frieden ist ein uralter Menschheitstraum. Es sind die Friedenswünsche, der Ruf nach Frieden, die Forderung nach Frieden und die Friedenskonzepte, die immer wieder mahnen, dass der Krieg irgendwann aufhören muss. Daher ist es nicht ganz zufällig, dass die Bundesministerin der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen die Schirmherrschaft über das Festival übernommen hat, denn die Sicherung des Friedens gehört in einer Demokratie zum höchsten Gut.
»Es sind gerade die authentischen Orte in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, die das Musikfest ausmachen«, betont Dr. Christina Siegfried, Intendantin des Heinrich-Schütz-Musikfestes. »An insgesamt 26 Konzertorten in sechs Städten werden über 400 Laien- und Berufskünstler mitwirken. Mit ganz großer Freude darf im
20. Jahr die Barockspezialistin Dorothee Mields als »artist in residence« erwartet werden. Die Sängerin hat die Berliner Lautten Compagney Berlin zu einem gemeinsamen Konzert eingeladen und wird Lebenslust und Seelenschmerz in Zeiten des Krieges mit der Musik des 17. Jahrhunderts und der 1920er- und 1930er-Jahre verbinden. Dieses Programm unter dem Namen »Wenn ick mal tot bin« wird das Festival an drei Aufführungsorten eröffnen. Einer davon ist die Kirche St. Leonhard in Bad Köstritz, wo dieses hochkarätige Konzert am 6. Oktober zu erleben ist. Das Programm zum Heinrich-Schütz-Musikfest umfasst Konzerte und Wandelkonzerte, musikalische Lesungen, Jazz, Folk und Papiertheater, eine Brauhaussession, Familienprogramme sowie Führungen und Gottesdienste. Alte Bekannte, wie der Dresdner Kammerchor und das Johann Rosenmüller Ensemble, treffen auf international renommierte Künstler, wie die weltbekannte Geigerin Rachel Podger. Daneben werden der Liedermacher Hans-Eckkart Wenzel, die Folkmusiker Grenzgänger und The Playfords den Bogen von Aussagen des 17. Jahrhundert bis zu brandheißen Themen unserer Zeit spannen.
Nur durch eine breite Kooperation mit Partnern und Förderern sei es letztendlich möglich, das Festival durchzuführen, betont Dr. Christina Siegfried. Neben Bund und den drei mitteldeutschen Ländern unterstützt wiederholt die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen zusammen mit der Sparkasse Gera-Greiz das Musikfest. »Kultur ist für uns Teil der demokratischen Gesellschaft«, erklärt Dr. Michael Grisko von der Stiftung und betont, dass das Festival auch ein Bekenntnis und ein ästhetischer Umgang zur Geschichte repräsentiere, somit auch ein Stück Heimat darstelle.
Friederike Böcher, als Leiterin des Heinrich-Schütz-Hauses in Bad Köstritz, ist seit Jahren mit dem Musikfest eng verbunden und freut sich auf bedeutende Konzerte in Bad Köstritz und Gera. Noch vor der offiziellen Eröffnung, am 3. Oktober als sogenannter Auftakt, erklingt das Werk »Angst der Hellen und Friede der Seelen« in der Geraer Salvatorkirche. Es handelt sich hierbei um ein Auftragswerk von Burkhard Großmann. Als Dank für seine Lebensrettung beauftragte er Schütz und weitere Komponisten seiner Zeit mit der Vertonung des 116. Psalms. Der Konzertchor des Goethe-Gymnasiums/Rutheneum seit 1608 und die Capella Jenensis musizieren unter Leitung von Christian K. Frank.
Wohl kaum ein Ort in Gera ist so prädestiniert für die Aufführung der Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz, wie die Geraer Trinitatiskirche. Sie gehört zum Wirkungskreis von Heinrich Posthumus Reuß, zu dessen Trauerfeier diese Totenmesse uraufgeführt wurde. Das Konzert am 7. Oktober wird von Cantus – und Capella Thuringia gestaltet.
Die Köstritzer Schwarzbierbrauerei, genauer gesagt der Dreiseitenhof, bildet eine etwas andere Konzertumgebung beim diesjährigen Musikfest. Am 12. Oktober spielt dort das Barockensemble The Playfords und erinnert während der Brauhaussession mit Friedensliedern, ausgelassenen Tänzen, Trinkliedern und schwermütigen Chorälen an das Leid und die Hoffnung der Menschen im Dreißigjährigen Krieg.
Eine musikalische Geschichte von Schelmen in kriegerischen Zeiten unter dem Titel »Simpel und Schweijk« wird am 13. Oktober im Köstritzer Palais erzählt. Am gleichen Tag werden in der Stadtkirche Musiker mit Gamben, Orgel und Schlagwerk unter dem Motto »in allem frieden« mit dem Vokalensemble Auditiv Vokal aus Dresden und dem Ensemble L’Art d’Echo dem Klang von Krieg und Frieden von damals bis heute nachspüren.
Autor:Online-Redaktion |
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