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Ökumene
Kirche im Weitwinkel

45 Menschen engagieren sich in Mitteldeutschland in der International Ecumenical Fellowship (IEF), der internationalen ökumenischen Gemeinschaft: evangelische, katholische und freikirchliche Christen, aber auch Vertreter der Neuapostolischen Gemeinde und Agnostiker waren zur Jahrestagung nach Torgau gekommen. Also: Ökumene im Weitwinkel.

Evangelischer Papst und katholischer Luther

Pater Euchar, Karmeliter aus Erlangen, eröffnete die Tagung mit dem Vortrag „Evangelischer Papst und katholischer Luther“. Euchar sprach zunächst über die Vorurteile, die Schubladen im Kopf. So sagten Protestanten von Katholiken, dass diese oft mal über die Stränge schlagen – sie brauchen hinterher nur zur Beichte zu gehen. Und Katholiken warfen den Protestanten mangelnden Gottesdienstbesuch, ja mangelnden Glauben vor. Jeder sei im Protestantismus sein eigener Papst. Dass Katholiken, die nicht den Karfreitag feierten, sondern gegen die Protestanten an diesem ihren höchsten Feiertag demonstrativ Wäsche aufhingen oder Mist auf die Felder karrten, waren die besonderen Bosheiten zwischen den Konfessionen. Und Konfessionsverschiedene Ehen bedeuteten fast einen Weltuntergang.
Pater Euchar sprach von der einen Kirche, aber der Kirche in Vielfalt. Luther sei bei aller Kritik an der Kirche seiner Zeit, niemals aus der katholischen Kirche ausgetreten. Er wollte fromm und gerecht sein. Heute haben wir gelernt, die Einheit der Kirche zu betonen. Und wir wissen, wenn wir von der unsichtbaren Kirche als dem Leib Christi sprechen, dass sich ein Leib nicht spalten lässt. Euchar verwies auf das Hohe Priesterliche Gebet Johannes 17, wo der (johanneische) Jesus sagt: Ich bitte für sie (die Meinen), auf dass sie alle eins seien, wie Du, Vater in mir bist und ich in Dir.

Einheit in Vielfalt

Manfred Richter, evangelischer Theologe aus Berlin (früher katholisch), begrüßte das 20. Jahrhundert als eines der Ökumene, wobei die Verschiedenheiten umgekehrt in die ökumenischen Scheunen eingebracht werden sollen, sodass es zur „Einheit in Vielfalt“ kommt. Die katholische Kirche ist zwar noch nicht Mitglied des ökumenischen Rates der Kirchen geworden, hat aber all die Jahrhunderte hindurch mit der Betonung der Katholizität latent das ökumenische Anliegen vertreten. Die Trennung der Kirchen im 16. Jahrhundert sei nicht ohne die Schuld beider Kirchen erfolgt. Richter hatte für 2017 eine gesamtökumenische Enzyklica angeregt.

Gemeinschaft der Christen

Hans-Georg Link, Leiter der deutschen Region von IEF, bot einen Strauß ökumenischer Möglichkeiten an. Er ziehe aber das Wort „Gemeinschaft der Christen“ der Einheit vor, weil es unsere Aufgabe als Christengemeinde besser und tiefer beschreibe. Ihn habe besonders die Arche, ein doppelseitiger evangelisch-katholischer Gottesdienstraum in Neckar Gmünd beeindruckt, in dessen Mitte ein Taufstein für beide Konfessionen stehe und in dem es üblich sei, einmal im Monat die Agape zu feiern. Weiter zählte er Beispiele aus der Praxis auf, z.B. den ökumenischen Frühschoppen, das ökumenische Frauenfrühstück, das ökumenische Bibelgespräch in Köln und er führte weiter aus, dass es an verschiedenen Orten gemeinsame, konfessionelle Projekte unter dem Namen „Christen helfen Nichtchristen“ (oder ähnliche Bezeichnungen) gebe.
Weiter prägte der Referent den Satz: Die Ökumene fängt an der Kirchentür an. Ob und wie z.B. die Besucher, bekannte und vor allem unbekannte, begrüßt werden, prägt schon den Charakter des Gottesdienstes. Und der Referent schlug vor, eine Gottesdienstlesung von jeweils einer anderen Konfession am Ort zu übernehmen. Dadurch könnte zum Ausdruck gebracht werden, dass die Bibel, unsere „Schatzkammer“ (Dr. Link) uns eint. Auch die Fürbitten könnten unter den örtlichen Konfessionen untereinander übernommen werden. Der Effekt: Die Konfessionen existieren nicht nur nebeneinander (früher gegeneinander), sondern miteinander und vielleicht füreinander.
Link fragte, warum nicht jährlich ein ökumenischer Taufgottesdienst gefeiert werden könnte, nachdem sich die katholische Bischofskonferenz und die EKD 1992 in Magdeburg auf ein Konsenspapier über die Taufe geeinigt haben. Zum Schluss dieser ganz praktischen Aufzählung von ökumenischen Initiativen nannte er nicht nur die Städtepartnerschaften, die ökumenisch ausbaufähig sind, sondern auch die International Ecumenical Fellowship, die in ihrer Satzung den wichtigen Satz stehen hat: IEF will die Kirche von morgen leben.

Ökumenische Pilgerwege

Ein wichtiger Punkt war der Bericht des Physikers Christian Seidel aus Potsdam, der von dem ökumenischen Pilgerwegen für Klimagerechtigkeit berichtete. Angeregt durch die Klimakonferenz in Paris, den Pilgerweg 2015 von Paris nach Flensburg und dem Pilgerweg für Klimagerechtigkeit von Bonn über Berlin nach Katowice entstanden innerdeutsche, kürzere Pilgerwege.

Rudolf Krause, Pfarrer i.R. Halberstadt

Autor:

Katja Schmidtke

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