Das Reich Gottes
Denn von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre.
Markus 4, Vers 28
Von Theodor Hering
Wie ist es mit dem Reich Gottes? »Von selbst bringt die Erde Frucht.« Erst Halm, dann Ähre, dann Weizen, dann Ernte. Das braucht seine natürliche Wachstumszeit. Was geschieht in der Zwischenzeit? Der Sämann geht anderen Dingen nach, die Sonne geht auf und unter, der Same wächst. »Von selbst bringt die Erde Frucht.« Und Gott?
Gott ist vermutlich der »Mensch« am Anfang des Gleichnisses, der Samen aufs Land wirft. Der Same ist das Wort, das Evangelium von und durch Jesus Christus. Dann kommt er erst wieder am Ende zur Erntezeit ins Spiel. Und Ernte ist immer auch Gericht, die Trennung von Spreu und Weizen. Und in der Zwischenzeit? Da wächst das Reich Gottes fast automatisch. Und was automatisch geht, gibt Zeit für anderes. Automatisierung verspricht Zeitgewinn. Das ist technischer Fortschritt. Darum versuchen wir in die Keimbahnen von Pflanzen einzugreifen, damit das Wachstum kalkulierbarer, die Resistenz größer und der Ertrag spekulierbar wird. Und die Fruchtfolge wird planbarer. Ist die Sommerfrucht geerntet, kann die Wintersaat sich anschließen. Automatisierung verspricht Zeit. Aber Zeit ist Geld. Darum wird Automatisierung zur Beschleunigung. Fortschritt treibt dazu an, mehr in gleicher Zeit machen zu wollen. Die Möglichkeiten vervielfachen sich. Wir könnten doppelt so schnell leben.
Stopp! Gott gibt Zeit! Er scheint geradezu abwesend zu sein, damit wir seine Zeit nutzen. Wirkt Gott im Verborgenen? Natürlich! Darum gibt es auch so etwas wie »natürliche Gemeindeentwicklung«, die ihren Biorhythmus, ihre Wachstumsphasen, ihre Erntezeit hat. Das braucht Erfahrung mit dem verborgenen Wirken Gottes. Das braucht Einsicht in das Ziel: Es wird eine Ernte, es wird ein Gericht geben. In der Zwischenzeit haben wir Verantwortung für das Wachsen des Glaubens. Es reicht nicht nur das Wasser der Taufe, es braucht die regelmäßigen Nährstoffe der Bibel und das Licht der Wahrheit in postfaktischen Zeiten. Es braucht geistliche Feldforschung und Erkundungsräume für die Wachstumskräfte des Reiches Gottes. Wir haben Zeit, die Kirche Jesu Christi zu entwickeln. Und wir haben Geduld mit Gott. Damit wir lernen: »Mit dem Reich Gottes ist es so.«
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