Zur Erinnerung an Familie Lewy
In Bernburg werden Ende März die ersten Stolpersteine verlegt
Von Thorsten Keßler
In 20 europäischen Ländern erinnern die Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig an Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, deportiert und ermordet wurden. Bald 60 000 dieser in den Boden eingelassenen Pflastersteine mit Messingplatte und einem darauf eingravierten Namen hat Demnig in den vergangenen 20 Jahren verlegt. Zusammengenommen sind die Stolpersteine das größte dezentrale Mahnmal für die Toten der NS-Diktatur.
Am 25. März werden erstmals auch in Bernburg zehn Stolpersteine gesetzt. Dies geschieht auf Initiative des »Arbeitskreises für jüdische Geschichte in Bernburg« und ist für Kreisoberpfarrer Karl-Heinz Schmidt als Mitglied der Initiative »ein bewegendes Ereignis und ein Tag von hoher Bedeutung für unseren Arbeitskreis«. Fast zwei Jahre sind vergangen, seit der Bernburger Stadtrat am 30. April 2015 einstimmig für die Verlegung von Stolpersteinen als Kunst-Denkmal im öffentlichen Raum gestimmt hatte.
Das öffentliche Gedenken an die Bernburger Juden gehört zu den vier Arbeitsschwerpunkten, denen sich der 1998 gegründete Arbeitskreis verschrieben hat. Darüber hinaus widmen sich die zehn Bernburger Bürger der Pflege und dem Erhalt des jüdischen Friedhofs am Rößeberg, der früheren Bernburger Synagoge in der Talstadt sowie Forschung und Geschichtsarbeit. Der jüdische Friedhof wird immer am Volkstrauertag für Führungen geöffnet. Bei der Synagoge wurden Fundamente freigelegt und auch die Grundmauern sind wieder erkennbar. Zum Jahrestag der Pogromnacht am 9. November organisiert der Arbeitskreis hier jedes Jahr ein Gedenken.
Die ersten Bernburger Stolpersteine für das öffentliche Gedenken an ermordete Bernburger Juden werden vor dem Haus Markt 8/9 und in der Halleschen Straße 25 verlegt. Sie erinnern an Mitglieder der Familie von Sally Lewy, einem angesehenen Geschäftsmann und das einzige der zehn Opfer, das nach Haft noch in Bernburg verstarb und bestattet wurde. Die meisten weiteren Familienmitglieder wurden 1942 ins Warschauer Getto deportiert und dort ermordet. Der Jüngste war gerade wenige Monate alt. Zur Verlegung reist die 86-jährige Shlomit Oren aus Israel an, eine Enkelin von Sally Lewy. Schülerinnen und Schüler aus dem Arbeitskreis Geschichte der Sekundarschule Campus Technicus werden bei der Verlegung musizieren und die Lebensgeschichte der Familie skizzieren.
Darüber hinaus wird bereits am 24. März der Grabstein der Familie auf dem jüdischen Friedhof mit den Namen von Sally Lewy und fünf weiteren Holocaust-Opfern vervollständigt.
»Insgesamt 50 bis 60 Personen könnte man in Bernburg mit Stolpersteinen gedenken«, schätzt Karl-Heinz Schmidt. »Es wird in Zukunft weitergehen.« Dafür müssen aber zunächst die Biografien der Opfer recherchiert werden. Außerdem ist der Arbeitskreis auf Spenden angewiesen. Jeder Stolperstein kostet 120 Euro. Für die aktuelle Verlegung haben Firmen und Privatpersonen 1 340 Euro gespendet.
Autor:Online-Redaktion |
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