Klarheit erst am Ende
Kirchenpräsident Joachim Liebig zu Gottesvorstellungen
Von Joachim Liebig
Der Kern unseres christlichen Glaubens ist der Mensch gewordene Gott Jesus Christus. Diese Grundlage ist unveränderlich und steht nicht zur Diskussion. Die Heilige Schrift bezeugt Gottes Plan mit seiner Schöpfung, in dem zunächst ein Volk auserwählt wird, dem sich Gott zuwendet. Von Bethlehem bis Golgatha erweitert Gott seine heilsbringende Zusage über sein Volk hinaus an alle Menschen. Damit ist für uns Christen das Gottesbild definiert. In der Predigt, den Wundern und dem Gebet Jesu Christi wird zeitlos deutlich, welches Gottesbild wir haben und welches Heil Gott für uns Menschen bereithält. Es gipfelt in der Überwindung des Todes zu Ostern und der sicheren Gewissheit seiner Wiederkunft am Ende der Zeit. Bereits die frühe Christengemeinde steht vor der Frage, ob damit das Bild Gottes im Alten Bund ungültig sei. Gott kann aber seiner Verheißung nicht untreu werden. Daher ist der Neue Bund eine Erweiterung und lässt alle vorherigen Heilszusagen gelten, indem er sie als Messias überbietet.
Davon abweichende Gottesbilder lassen sich mit diesem christlichen Gottesbild nicht zur Deckung bringen. Das Gottesbild des Alten Bundes ist aus christlicher Sicht eine Hinführung zu dem des Neuen Bundes. Später entstandene monotheistische Gottesbilder lassen sich in diesen Glauben nicht einordnen. Welche Vorstellungen wir Menschen von Gott haben, ist freilich allein davon abhängig, wie Gott sich offenbart. Jede menschlich geformte Gottesvorstellung ist lediglich Spekulation und nicht Glaubensgegenstand. Glaube bleibt Offenbarung Gottes.
In einer langen blutigen Geschichte hat das Christentum gelernt, andere Offenbarungen Gottes zur Kenntnis zu nehmen, ohne daraus Gewalt werden zu lassen. Selbstkritisch muss offen bleiben, ob christlicher Fundamentalismus zukünftig gleichfalls darauf verzichten wird. Ohne eine Vermischung unterschiedlicher Gottesbilder muss es auch in Zukunft möglich sein, allein auf den Geist Gottes zu vertrauen und ihm die Umkehr zum Glauben zuzutrauen. Die feste Überzeugung, Jesus Christus allein sei der Weg zum Heil, schließt die Toleranz – das Ertragen anderen Glaubens – nicht aus. Im Gegenteil: Je fester der eigene Glaube ist, desto mehr ist der Glaubende werbend gesprächsfähig mit anderen. Weder gewaltsame Mission noch verschwimmende Glaubensgrundlagen entsprechen der Botschaft Jesu Christi.
Es bleibt die Aufgabe aller Glaubenden, ihre eigenen Lebensdeutungen und Fragen im Dialog mit Gott zu klären. Die christliche Gemeinde braucht dazu die Gemeinschaft der Glaubenden, die Auseinandersetzung mit der Heiligen Schrift und das fortdauernde Gebet. Die christliche Gemeinde muss unterschiedliche Deutungen ertragen können. Bereits die frühe apostolische Christenheit kennt das Problem. Gemeinsam vor dem einen Gott werden alle menschlichen Probleme nebensächlich.
Gemeinsame Gebete mit Menschen anderen Glaubens können sich für Christinnen und Christen stets nur an den trinitarischen Gott wenden. Wir machen Gott jedoch unzulässig klein, wenn nicht auch andere Glaubende eine Antwort ihrer Gebete erfahren dürfen. Abschließende Klarheit dazu wird erst das Ende der Geschichte zeigen.
Autor:Online-Redaktion |
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