Bo(o)tschaft vom Himmelreich
Raus aus der Kirche, in die Natur: Einen Gottesdienst der ungewöhnlichen Art haben rund 150 Menschen in Bodendorf gefeiert. Pfarrer Hans Heidenreich hielt seine Predigt von einem Boot aus.
Von André Ziegenmeyer
Feierlich schallt die Glocke der Schlosskapelle von Bodendorf (Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt) über das Wasser. Mit langsamen Ruderschlägen lässt sich Pfarrer Hans Heidenreich auf den Teich hi-
nausfahren. Die Gemeinde wartet am Ufer. Darunter sind Menschen aus dem gesamten Landkreis Börde. Andere sind extra aus Magdeburg angereist.
»Jesus hat oft von einem Boot aus gepredigt. Denn das Wasser trägt den Schall«, erläutert Heidenreich. Aus dieser Überlegung heraus sei 1998 die Idee für den Bodendorfer Seegottesdienst entstanden. Am Wochenende fand bereits die 16. Auflage statt. Was als einmalige Veranstaltung gedacht war, ist zur Tradition geworden. »Durch das Ambiente kann man die Geschichten aus der Bibel besser verstehen. Das Erlebnis ist ein anderes«, so Heidenreich.
Begrüßt wurden die Gäste am Sonntag zunächst von Ingeborg Heidenreich. Sie hielt ihren Teil des Gottesdienstes an Land, während ihr Mann vom Boot aus predigte. Der Inhalt des Gottesdienstes war auf den Rahmen abgestimmt. Einen besonderen Schwerpunkt bildete das Gleichnis vom Fischernetz aus dem Matthäus-Evangelium, Kapitel 13. »Das Himmelreich ist gleich einem Netz, das ins Meer geworfen ist«, trug Hans Heidenreich vor. Beim Jüngsten Gericht werde dieses Netz eingeholt. Dann würden die Gottgefälligen von den Bösen getrennt.
Viele Menschen, so der Pfarrer, würden sich fragen, warum Gott angesichts des Geschehens auf Erden nicht eingreife. Ihnen könne das Gleichnis Kraft spenden. »Es wird eine Gerechtigkeit geben. Und niemand wird sich davor verbergen können. Hier auf Erden entscheide ich, wo ich die Ewigkeit verbringe.«
Im Mittelpunkt des Seegottesdienstes stand eine Doppeltaufe. Rahel Dierbach (8) aus Haldensleben und Elisabeth Jüttner (7) aus Süplingen wateten dafür mit Hans Heidenreich in den See hinaus. Dort ließen sie sich untertauchen. Die Entscheidung dafür hatten die beiden Mädchen eigenständig getroffen. Elisabeth Jüttner folgte damit dem Beispiel zweier ihrer größeren Brüder. Diese hatten sich bei vorangegangenen Seegottesdiensten taufen lassen. »Ab Ostern wuchs in Elisabeth der Gedanke. Wir haben erst einmal gewartet, ob das so bleibt. Dann haben wir Kontakt zu den Heidenreichs aufgenom-
men«, verrät Mutter Cornelia Jüttner.
»Rahel hat schon seit einem Jahr gedrängelt, dass sie sich taufen lassen will«, erzählt Vater Guido Dierbach. Auch sie folgte damit dem Weg ihrer Geschwister. Ihre älteste Schwester hatte sich im Fluss Ohre taufen lassen, die nächstjüngere in dem begehbaren Taufbecken in Martin Luthers Taufkirche in Eisleben (Zentrum Taufe). »Wir leben ihnen die christlichen Werte vor, aber die Kinder sollten selbst entscheiden«, so der Vater.
Musikalisch begleitet wurde der Seegottesdienst vom Süplinger Volkschor und der Hörsinger Bläservereinigung. Die Kollekte soll in die weitere Sanierung der Bodendorfer Schlosskapelle fließen.
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