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Kirchen als Musiktempel - 1 von 3
Die Ulrichskirche Halle (Saale)

Konzerthalle St Ulrich-Kirche in Halle an der Saale. | Foto: OmiTs, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Konzerthalle_St_Ulrich-Kirche.jpg
  • Konzerthalle St Ulrich-Kirche in Halle an der Saale.
  • Foto: OmiTs, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Konzerthalle_St_Ulrich-Kirche.jpg
  • hochgeladen von Holger Zürch

Was wird aus Kirchengebäuden, wenn sie nicht mehr als Gotteshäuser dienen?  Eine naheliegende Möglichkeit ist die Nutzung als Konzertstätte und Musik-Ort. Dazu drei Beispiele aus Mitteldeutschland: Die Folge 1 berichtet aus Halle an der Saale.

Die St.-Ulrich-Kirche oder auch Ulrichskirche – direkt an Halles Fußgängerzone Boulevard und nur einen guten Steinwurf weit vom Marktplatz entfernt – ist eine traditionsreiche Kirche in der Innenstadt von Halle an der Saale. Sie wurde ab Mitte des 14. Jahrhunderts zunächst als Klosterkirche St. Maria errichtet.

Sie gehörte zu den seit 1339 ortsansässigen Serviten, also dem katholischen Orden namens Ordo Servorum Mariae (OSM). Dieser schuf mit dem asymmetrischen Bauwerk ein Unikat unter den Hallenkirchen der Spätgotik.

Geschichte und Bauwerk
Erste Weihe war im Jahr 1496. Bis zur Fertigstellung vergingen Jahrzehnte: 1510 wurde das Gewölbe eingezogen, 1531 das Bauwerk vollendet.

Jedoch war 1527 das Kloster des Ordens aufgehoben worden. So nutzte ab 1531 die evangelische Ulrich-Kirchgemeinde den Sakralbau – für 440 Jahre. Samuel Scheidt wurde 1587 dort getauft. August Hermann Francke, der Gründer der weltberühmten Franckeschen Stiftungen, wirkte von 1715 bis zu seinem Tode 1727 als Pfarrer an der Ulrichskirche. 

Zwischen 1806 und 1836 diente die Ulrichskirche zusätzlich als Universitätskirche. Robert Franz wirkte dort ab 1844 als Organist.

St. Ulrich ist eine zweischiffige asymmetrische Hallenkirche mit großen Fenstern, ohne Kirchturm und ohne Querschiff. Sie hat zwei Dachreiter, der Chorraum ist fünfseitig, die Pfeiler achteckig. An ihrer Nordseite finden sich Überreste der ehemaligen Klosterklausur.

Baugestalt und -ausführung sind schlicht und weitgehend schmucklos erschaffen worden – ganz im Sinne und offensichtlich nach Vorgabe des ursprünglichen Bauherrn, des Bettelordens. Ausnahmen davon sind das Sterngewölbe und das Netzgewölbe mit Blumen-Ornamenten aus spätgotischer Zeit und die Emporen der Barockzeit.

Die erste Orgel der Ulrichskirche entstand im Jahr 1675. Erbaut hatte sie Christian Förner, vollendet hatte sie Ludwig Compenius. Ihr Orgelwerk hatte 35 Register auf zwei Manualen; von der Förner-Orgel blieb der barocke Orgelprospekt auf der Westempore erhalten.

Jüngere Vergangenheit und Gegenwart
1971 endete die Nutzung als Gotteshaus. Die Stadtverwaltung Halle entdeckte ihr Interesse für die Umnutzung des Sakralbauwerks:

Sie handelte mit der Kirchgemeinde einen kulturellen Nutzungs-Vertrag über 99 Jahre aus und baute es zur Konzerthalle mit 500 Sitzplätzen um. Die damalige Umgestaltung war weitreichend, die Ausstattung wurde massiv verändert.

So wurden der Flügelaltar von 1488, das Taufbecken und die Kanzel entfernt – sie fanden in Magdeburgs Wallonerkirche ihr neues Zuhause. Auch wurden die barocken Emporen im Seitenschiff beseitigt.

Die damals Verantwortlichen in Halles Rathaus wollten – anders als vielerorts sonst in der DDR – tatsächlich im Kirchenbauwerk die jahrhundertealten Traditionen der Orgel- und Vokalmusik auf hohem Niveau fortführen.

Das zeigt sich an der Tatsache, dass die Stadt Halle 1980 als nunmehrige Nutzerin eine neue Orgel einbauen ließ, deren umfangreiches klangliches Spektrum hochwertige Orgelkonzerte mit Musikwerken aller Epochen ermöglicht. Die heutige Konzertorgel in der Apsis schuf die Firma W. Sauer Orgelbau aus Frankfurt an der Oder. Das Instrument hat 56 Register mit einer Transmission auf drei Manualen und Pedal.

Die Kanzel kam im Jahr 2000 zurück in die Ulrichskirche, sie wurde auf dem Dachboden eingelagert.

Die Orgel wurde nach viermonatiger Instandsetzung von Schuke-Orgelbau am 31. Oktober 2019 wieder in Dienst genommen: Sie bekam eine neue Setzeranlage, passend für deren Nutzung für Studierende, nutzt sie doch die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik Halle regelmäßig für Übungs- und Prüfungskonzerte. Ihr Pfeifenwerk wurde grundlegend instand gesetzt, teilweise umgebaut sowie die Orgel vollständig nachintoniert, um den Klangcharakter den heutigen Wünschen der Organisten anzupassen, ohne ihre klangliche Grundkonzeption zu verändern.

Die Konzerthalle Ulrichskirche gilt als bedeutende Aufführungsstätte für Vokalmusik, sie dient besonders Chören als Konzert-Ort. Auch ist sie eine beliebte Adresse für die Darbietung von Jazz, Gospel und Folklore, pro Jahr erklingen dort rund 150 öffentliche Konzerte aller Art. Höhepunkte sind dabei die Händel-Festspiele, die Hallischen Musiktage und das Kinderchormusikfest.

Koordinaten: 51° 28′ 52,4′′ N, 11° 58′ 22,1′′ O

https://de.wikipedia.org/wiki/Konzerthalle_St.-Ulrich-Kirche
(dort auch Verzeichnis der Autoren; Textnutzung entsprechend Creative Commons CC BY-SA 4.0)

Autor:

Holger Zürch

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