Anzeige

Interreligiöse Andacht
Sieben Religionen - eine gemeinsame Andacht

16Bilder

Weitgehend unbeachtet von der Magdeburger Öffentlichkeit fand auf dem Gelände der Hochschule Magdeburg eine erste interreligiöse Andacht statt. Eingeladen hatte die Rektorin der Hochschule, Prof. Dr. Manuela Schwartz, und die Studierendenpfarrerin Dr. Angela Kunze-Beiküfner für den Evangelischen Hochschulbeirat zum Auftakt der Woche der wehrhaften Demokratie an den Hochschulen in Sachsen-Anhalt.
Die Hochschulen in Magdeburg sind prädestiniert eine interreligiöse Veranstaltung, denn fast ein Drittel der Immatrikulierten sind internationale Studierende. Wie viele davon religiös sind, das wird bei der Immatrikulation natürlich nicht erfasst, aber die evangelische Studierendengemeinde wird regelmäßig auch von Studierenden anderer Religionen besucht und bei Länderabenden erzählen diese gern von ihrer Kultur und Religion.
Zur ersten interreligiösen Andacht an der Hochschule waren der Buddhismus, der Hinduismus, das Judentum, drei christliche Konfessionen (Orthodox, Römisch-Katholisch und Evangelisch), der Islam, der Sikhismus und die Bahai vertreten. Von jeder Religion wurden Texte gelesen, die das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher Menschen zum Thema hatten.
Die buddhistischen Mönche vom Kloster von der Buddhistische Klosterschule Ganden Tashi Choeling und der hinduistische Student Shashank Shorya betonten die Bedeutung des inneren Friedens für den äußeren Frieden. Mönch Gelong Losang Kyabchok sagte: „Um Frieden zu bewirken, müssen wir verstehen, was es wirklich ist. (…) Wir sollten aber bei jeder sich bietenden Gelegenheit darüber nachdenken, denn innerer Frieden bedingt äußeren Frieden und dieses ist die Grundlage für den Weltfrieden.“ Die Vorsitzende der liberalen jüdischen Gemeinde Larisa Korshevnyuk sprach den Krieg im Nahen Osten an und betonte: „Jüdische Erinnerung verbindet die Trauer über den Verlust immer mit dem Bestreben, in der Gegenwart Mut, Kraft und Inspiration aus der Geschichte zu schöpfen und in das tägliche Leben zu integrieren. Sie ruft uns dazu auf, die Bedeutung der Freiheit zu schätzen und uns im Umgang mit anderen von Mitgefühl leiten zu lassen.“ Die christlichen Studierenden sprachen über die Jahreslosung, die Bedeutung der Nächstenliebe und zitierten das Gebet „Mache mich Herr zum Werkzeug deines Friedens“. Lesya Zolotoverkh aus der Ukraine betete auf Kirchenslawisch für ein Ende des Krieges in ihrer Heimat. Imam Es Saber und Student Muhammad Hassam aus Pakistan zitierten die Koran-Sure Al-Mumtahanah, Vers 8, welche die Gerechtigkeit und Freundlichkeit gegenüber Andersgläubigen bekräftigt und betonten: „Indem wir anderen zuhören und unterschiedliche Perspektiven wertschätzen, können wir ein Umfeld schaffen, in dem sehr unterschiedliche Menschen friedlich zusammenleben können. Lassen Sie uns diese Werte annehmen, Brücken zwischen unseren verschiedenen Gemeinschaften bauen und nach einer Welt streben, in der Respekt und Verständnis vorherrschen.“ Für den Sikhismus sprach der Student Yashandeep Singh aus dem Punjab in Indien. Er betonte die verbindenden und kastenüberwindenden Elemente seiner Religion und berichtete von den kostenlosen Küchen in den Sikh-Tempeln (Gurdwara) weltweit, zu denen alle eingeladen sind, Menschen verschiedenen Glaubens, aller Kasten, aller Geschlechter und sozialer Herkunft – und das schon seit 535 Jahren! Die Vertreter der Bahai-Gemeinde Silke Czimek und Andre Schilling zitierten Abdu'l-Bahà, den Sohn des Religionsgründers: „Die Vielfalt in der menschlichen Familie sollte die Ursache für Liebe und Harmonie sein, so wie in der Musik viele verschiedene Töne in einem vollkommenen Akkord zusammenklingen. Wenn ihr mit Menschen anderer Herkunft und Hautfarbe als der eurigen zusammenkommt, so seid nicht misstrauisch gegen sie und zieht euch nicht in das Schneckenhaus herkömmlicher Förmlichkeit zurück, sondern seid froh und erzeigt ihnen Güte.“

Es war sehr bewegend, diese Worte des Friedens in ihrer großen Vielfalt zu hören – gerade in diesen konfliktbeladenen Zeiten, die ja auch Auswirkungen auf das Miteinander an den Hochschulen haben, ein sehr wichtiges Zeugnis.
Zwischen den Texten aus den religiösen Schriften, die auf Englisch und Deutsch verlesen wurden, erklang emotionale Klezmer-Musik von Harry´s Freilach mit Harry Timmermanns an der Klarinette und Serhiy Lukashov am Akkordeon, so dass zwischendurch genügend Zeit blieb, dem Gehörten nachzuspüren.
Am Ende der Andacht zündeten alle Nacheinander eine Kerze an und sprachen oder sangen ein Gebet, auf Sanskrit, Hebräisch, Ukrainisch, Arabisch, Panjabi, Deutsch oder Englisch. Als sich danach alle Anwesenden zur Schlussmusik mit einem Seil verbanden und im Kreis zusammenstanden, war das Gefühl der Verbundenheit nicht nur zu spüren, sondern durch diese symbolische Geste auch zu erleben.
Beim anschließenden Beisammensein konnten sich alle noch näher kennenlernen – und eine Verabredung wurde übereinstimmend getroffen: Das war zwar der erste – aber bestimmt nicht das letzte Mal.

Die nächste Veranstaltung des Evangelischen Hochschulbeirats im Kontext der Woche der wehrhaften Demokratie findet schon am Mittwoch, 5. Juni, im Innenhof der Wallonerkirche, Neustädter Str. 6, statt. Dann wird es ab 19:15 darum gehen, wie Magdeburg „Auf den zweiten Blick“ gesehen wird. Dazu stellen sich acht verschiedene Gäste, Zugezogene, Einheimische und Zurückgekehrte verschiedener Generationen dem Gespräch mit den Moderatoren Prof. Dr. Alexander Pott (Evangelischer Hochschulbeirat) und Julius Balk (Evangelische Studierendengemeinde). Herzliche Einladung.

Autor:

Pfr. Dr. Angela Kunze-Beiküfner

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.