Erinnerungen an das Jahr 2017 in Wittenberg
Die Schätze in unserer Stadt
Von Christian Beuchel
»Schon vorbei, das war toll«, sagen viele Wittenberger, wenn sie an 2017 zurückdenken. Die Wittenberger Christen waren die ersten Gastgeber und haben jeden Sonntag von Mai bis Oktober mit Tausenden Menschen Gottesdienst gefeiert. Mittwochs um 20.17 Uhr trafen wir uns zu ökumenischen Abendgottesdiensten. Morgens wurde auf dem Bunkerberg und abends auf dem Marktplatz zum Gebet eingeladen.
Die Stadt war erfüllt von Zehntausenden neugierigen Menschen aus aller Welt, die staunend die Kirchen, Ausstellungen und Konzerte besuchten. Mit über 100 000 Besuchern feierten wir zum Abschluss des Kirchentages den größten Gottesdienst aller Zeiten im Kirchenkreis. Zu den Abendandachten in der Lichtkirche trafen sich bis zu 400 oft kirchenferne Menschen. Es wurden etwa 5.500 Führungen mit etwa 120.000 Besuchern in der Schloss- und der Stadtkirche mit vielen ehrenamtlichen Führern organisiert.
Wir haben uns über die vielfältige Unterstützung durch die EKD, EKM, die Stadt, das Land gefreut. Allein wären wir überfordert gewesen. Manchmal ärgerten wir Christen vor Ort uns, dass wir von den Hauptveranstaltern nicht wahrgenommen wurden. Das Fest hätte einen anderen Charakter bekommen, wenn unsere Erfahrungen als Kirche in einem stark säkularen Umfeld mehr eingeflossen wären.
Bis heute denke ich an das Haus aus Kisten äthiopischer Schuhputzer und deren Briefe mit den Wünschen an das Leben. Leise Töne, die zu Tränen gerührt haben und leider in der Präsentation von Superlativen überhört werden konnten. Die Wittenberger haben eine freundliche, moderne (evangelische) Kirche gesehen und besuchten die Veranstaltungen mit neugierigem Staunen. Höhepunkt waren die Gottesdienste am 31. Oktober 2017 mit rund 6.500 Besuchern und die Übergabe des Versöhnungskreuzes an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Zeichen der Kirchen für den Frieden in der Gesellschaft.
Es war oft anstrengend. Die unzähligen Beratungen, Absprachen, Podien, Interviews, Grußworte, Predigten und Begrüßungen haben uns manchmal an den Rand des Möglichen gebracht. (Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich als evangelischer Theologe einmal auf Allerheiligen freue.)
Uns bleibt eine sanierte Stadt mit restaurierten Kirchen und einem neuen Ort der Begegnung zwischen Himmel und Erde, die Installation auf dem Bunkerberg. Die Mehrheit der Bevölkerung sieht die »Schätze« der Reformation in ihrer Stadt mit offenen Augen und »alle kennen nun Luther!« »Church@night« ist ein Gottesdienst in anderer Form, den wir jeden zweiten Freitag im Monat mit 200 bis 400 Besuchern feiern. Es bleibt die Aufgabe, über die Kommunikation des Evangeliums in einer säkularen und gleichzeitig auf Events fixierten Gesellschaft nachzudenken. Und die Bäume im Luthergarten wachsen, gepflanzt von Kirchen aus aller Welt, die uns zeigen dass das Band des Evangeliums die Erde umspannt.
Der Autor ist Superintendent des Kirchenkreises Wittenberg.
Autor:Online-Redaktion |
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