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zum „Israelsonntag“ am 8. August 2021
die jüdische Großmutter Graf Dürckheims

Israels Söhne mit Schläfenlöckchen und die lieblichen Schwestern Heinrich Heines. Der kommende 10. Sonntag nach Trinitatis erinnert an sie alle. Joseph Roths Hiob und Mendelssohns Lieder, Feuchtwangers Maultasch - wie viele andere noch … Weit hinaus ins Dunkel vorhistorischer Vergangenheiten schwingt sich die geniale Perlenkette bekannter und unbekannt gebliebener jüdischer Namen. Ihre Silberschnur leitet wie ein Rosenkranz zugleich auch in Bereiche des noch Kommenden.

Der Christ balanciert auf dem geistlichen Erbe des jüdischen Volkes seine eigenen Schriften, denn gemeinsam mit dem Juden will er unter Noahs Regenbogen wohnen bleiben dürfen. Risse er sein Knie vom alten Fuß los, stürzte er unweigerlich ins Leere. Trennte er das Haupt vom Rumpf der Vorfahren aus Ur in Chaldäa und Jerusalem, stürbe der Geist seiner Kirche schnell dahin. Israel. 

Höre: Von Israel lernen, heißt leben lernen: Jakob hat zwei Körper. Immer belagert den einen zwischen Kleinasien und Nordafrika gelegen. Der zugleich gesegnete und angefluchte Staat. Zum anderen jener helle Leib eines dunklen Buches, welcher - ist er erst einmal in Hirn und Blut tief eingelernt - trägt und trägt und trägt. Unabhängig von Glück und Unglück bleibt das alte Buch Heimat. Der Staatskörper jedoch zwingt unweigerlich immer wieder zu Politik und fatalem Realismus.

Der deutsche Diplomat und Zen-Lehrer Karlfried Graf Dürckheim (1896 - 1988) erinnert als seine erste bewusste Erfahrung, wie ihm die Kinderfrau seine rosige Wange an das runzlige Antlitz der soeben gestorbenen Großmutter legte. Mit dieser einschneidenden Erinnerung beginnt das Bewusstsein des Knaben, der selber einmal 92 Jahre alt werden wird. Diese Großmutter war Jüdin - und Dürckheim wird ihretwegen 1937 aus dem Dienst des NS-Staates entlassen. Masel Tov! Was für ein Glück führt den Mann auf den Weg nach Japan, von wo aus Dürckheim dann das stille und gesammelte Zen nach Europa bringt. Als Leutnant im ersten Weltkrieg riet er seinen Soldaten immer, in genau die eben erst aufgerissenen Bombenkrater zu springen - denn es sei unwahrscheinlich, dass die nächste Granate dasselbe Loch trifft.

Vielleicht ist ja Maria die jüdische Großmutter von uns Christen? An ihre Wange! Bonhoeffer hat seinen Studenten erzählt, dass die Großmütter zuerst mit Gebeten und später dann aus dem Himmel auf ihre Enkel acht gäben … Und wenn es so wäre? Man müsste vielleicht nur daran glauben.

Autor:

Matthias Schollmeyer

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