Beharrlich unbequem: Der Prediger für Wittenberg
Von Natalia Matter
Er sieht Einmischung als eine seiner wichtigsten Aufgaben. Die Kirche müsse für Chancengleichheit kämpfen und die Wahrheit sagen. So hat sich Bischof Thabo Makgoba, Erzbischof von Kapstadt und Oberhaupt der Anglikanischen Kirche in Südafrika, mit keinem Geringeren angelegt als mit dem Präsidenten seines Landes: In seiner Weihnachtspredigt las er Jacob Zuma und dessen Regierung die Leviten. Besonders erbost war er über Zumas Aufruf an den Klerus, sich aus der Politik herauszuhalten. Am 28. Mai wird der 56-jährige Theologe die Predigt beim Festgottesdienst zum Abschluss des Kirchentages in Wittenberg halten.
Makgoba wuchs in armen Verhältnissen in der südafrikanischen Metropole Johannesburg auf – erst im Elendsviertel Alexandra, später im Schwarzenviertel Soweto, das wegen des blutig niedergeschlagenen Schüleraufstandes gegen das Apartheid-Regime 1976 internationale Bekanntheit erlangte. Er studierte Psychologie und Pädagogik und schloss 1989 seine Ausbildung zum Pastor ab. Es war das Jahr, als in Südafrika die Apartheid zu bröckeln begann, im Februar 1990 wurde Nelson Mandela aus der Haft entlassen.
Nach seiner Ordination diente Makgoba in verschiedenen Gemeinden Südafrikas. 2002 wurde er Bischof und 2008 übernahm er als Jüngster in der Geschichte das Amt des Erzbischofs von Kapstadt und ist seither Oberhaupt der Anglikanischen Kirche Südafrikas.
Parallel zu seiner geistlichen Laufbahn verfolgte der Bischof akademische Wege. 2009 promovierte Makgoba an der Universität von Kapstadt mit einer Arbeit über die Spiritualität von Minenarbeitern. Seit mehreren Jahren unterrichtet er dort und bekleidet seit 2012 das vor allem repräsentative Amt des Kanzlers der Universität, so wie sein Vor-Vorgänger als Oberhaupt der südafrikanischen Anglikaner, Erzbischof Desmond Tutu.
Gemeinsam haben die beiden Männer auch das Verständnis dessen, was Kirche leisten soll. »Wir können und werden nicht damit aufhören, Stellung zu beziehen und aktiv zu werden, wenn wir etwas sehen, das nach unserer Meinung ungerecht, korrupt und inakzeptabel nach Gottes Standards ist«, sagte Makgoba in seiner Weihnachtspredigt. Die Forderung Zumas, sich aus der Politik herauszuhalten, erinnere ihn an die Zeit, als Apartheid-Präsidenten Ähnliches gesagt hätten.
Makgoba kritisiert immer wieder die »obszöne Ungleichheit« in Südafrika, die Korruption der Eliten, und betet für den Schutz von Aktivisten. So sagte er in einer Trauerfeier für den Anti-Apartheid-Kämpfer Ahmed Kathrada: »Wir beten für diejenigen, die demonstrieren und sich organisieren im Streben nach Gerechtigkeit, Chancengleichheit und ein besseres Leben für unser Land. Stärke die Entschiedenheit derer, die für eine saubere Regierung kämpfen.«
Und auch sonst bezieht er Stellung: Er spricht sich gegen Atomkraft und für die Nutzung erneuerbarer Energien aus und setzt sich für die Pressefreiheit ein. Besonders liegt dem zweifachen Familienvater zudem die Ausbildung junger Südafrikaner am Herzen.
Auch die jüngste Krise in Südafrika, ausgelöst durch die Entlassung kritischer Minister durch Präsident Zuma, treibt Makgoba um. Die Entlassung von Finanzminister Pravin Gordhan, der gegen Korruption vorgehen wollte, sei ein Angriff auf die Armen, stellte der Bischof fest und ließ die Glocken der Kathedrale läuten, »als Klage und Protest gegen den Zustand unserer
Nation«. (epd)
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