In Tansania neu im Glauben gewachsen
Freiwilligendienst: Anna-Luise Pohl aus Wittenberg über ihr Jahr in Ostafrika
Von Katja Schmidtke
An dem Tag, an dem auf den Elbwiesen in Wittenberg Zehntausende Menschen den Abschlussgottesdienst des Kirchentags feierten und die englische Predigt eines afrikanischen Theologen hörten, versammelte sich eine Gruppe Deutscher in Moshi im Norden Tansanias. Monatlich singen und beten die von den unterschiedlichen Missionswerken entsandten Deutschen gemeinsam in der Nähe des Kilimandscharos. Auch Anna-Luise Pohl aus Wittenberg ist an diesem 28. Mai dabei.
Die 19-Jährige hat das Lutherjahr in ihrer Heimat nahezu verpasst. Seit September des vergangenen Jahres bis zu diesem August war sie mit dem Freiwilligendienst »Weltwärts« und dem Leipziger Missionswerk in Ostafrika. »Ja, ich bin schon ein bisschen traurig, ich habe einiges in Wittenberg verpasst«, sagt die junge Frau, die der Schlosskirchengemeinde angehört. Aber sie hatte sich bewusst dafür entschieden, nach dem Abitur für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Über den Tellerrand blicken, sich Herausforderungen stellen, Neues lernen – all das wollte die Schülerin, und als Christin fand sie sich beim Leipziger Missionswerk am besten aufgehoben.
In Mwika, Teil der Norddiözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche Tansanias, arbeitete Anna-Luise bei »HuYaMwi« mit, einem Betreuungsprojekt für Waisen, Witwen und Witwer, Kranke und bedürftige Familien. Es umfasst mehr als 40 evangelische Gemeinden rund um den Kilimandscharo und wird auch von Spendern aus Deutschland unterstützt. Visitationen in den Gemeinden, Berichte verfassen, Waisenkindertreffen organisieren, Briefe der Waisen an die Spender von Kiswahili ins Deutsche übersetzen – das waren die Aufgaben der jungen Wittenbergerin und ihrer Mitfreiwilligen Rebecca. »Wir wurden nicht zwingend gebraucht, das finde ich wichtig zu wissen. Freiwillige nehmen den dort lebenden Menschen keine Arbeitsplätze weg. Das Projekt würde auch ohne Freiwillige laufen«, bilanziert Anna-Luise Pohl und erzählt, dass sie die Arbeit vor allem als Austausch empfindet. »Ich habe viel gelernt: eine andere, mir vorher völlig unbekannte Kultur und Sprache. Ich habe meinen Horizont erweitert, Vorurteile abgebaut, Toleranz gelernt.«
Am meisten Spaß machten der Freiwilligen die Waisenkindertreffen. Die Waisen leben nicht in Heimen, sondern in Familien. Einmal im Monat kommen sie in jeder Gemeinde zusammen. Gemeinsam mit den Studenten der nahen Bibelschule organisieren Anna-Luise und Rebecca diese Treffen. »Wir spielen mit den Kindern Spiele und der Student hält eine kurze Bibelandacht.« Der Glaube wird offener gelebt, schildert die 19-Jährige ihre persönliche Erfahrung. »In Mwika an der Bibelschule sagt man häufig zueinander ›Mungu akubariki‹ (Gott segne dich) und ›Bwana Yesu asifiwe‹ (Der Herr sei gepriesen) mit der Antwort ›Amina‹. In Deutschland wird meiner Ansicht nach der Glaube mehr nach innen gelebt. Das ist nicht unbedingt schlecht, es ist nur einfach anders.« Anna-Luise will sich diesen offenen Umgang bewahren. Sie sei in diesem Jahr in ihrem Glauben neu gewachsen. Bestärkt wurde sie auch im Wunsch, mit Menschen zu arbeiten. »Im bildungspolitischen Bereich, gerne auch in der Kirche«, sagt Anna-Luise. Nach dem Sommer wird sie für ein Freiwilliges Soziales Jahr im Bereich Kultur nach Erfurt gehen.
Den 31. Oktober aber wird sie auf jeden Fall in ihrer Heimat verbringen, in der Lutherstadt Wittenberg.
Das nächste Freiwilligen-Seminar des Leipziger Missionswerks findet am 20. und 21. Oktober statt.
www.lmw-mission.de/freiwilligenprogramm.html
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