Logistische Herausforderung
Forschungsbibliothek: Einzug im sanierten Wittenberger Schloss
Von Corinna Nitz
Matthias Meinhardt hätte auch eine andere Stelle antreten können, aber die Chance, eine Forschungsbibliothek von Rang zu entwickeln und einzurichten, bietet sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nur einmal im Leben. Für Meinhardt jedenfalls ist es eine Premiere: Der Wissenschaftler, der 1969 in Braunschweig geboren wurde, in Kiel studierte und zuletzt 2015 Forschungsstipendiat am Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main war, ist Leiter der Reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek in Wittenberg. Ihr Domizil hat die Einrichtung im sanierten Schloss und was vor kurzem noch sehr abstrakt war, nimmt immer mehr Gestalt an. Zwar ist mit dem Einzug der Bücher erst ab Anfang Januar 2018 zu rechnen, aber die Infrastruktur gibt es und sie vervollständigt sich zunehmend.
Insgesamt werden über zwei Etagen auf einer Gesamtfläche von 1.800 Quadratmetern 220.000 Bücher aus den Bibliotheken des Evangelischen Predigerseminars Wittenberg und dem Lutherhaus Wittenberg der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt zusammengeführt. Neben einem Magazin wird es einen öffentlichen Bereich geben mit Lesesaal und Freihandbibliothek, außerdem einen Digitalisierungsbereich. Was die Bücher betrifft, so liefen kürzlich noch die Ausschreibungen für den Umzug. Dass dieser mit großem logistischen Aufwand verbunden sein wird, liegt auf der Hand. Bücher aus dem 15. Jahrhundert, das älteste Stück stamme gar aus dem 12. Jahrhundert, oder zig Werkausgaben von viel schreibenden Reformatoren wie etwa Philipp Melanchthon, die transportiert man nicht im Pappkarton.
Zu den größten Herausforderungen gehört Meinhardt zufolge die Klimasituation in den Räumen, die so stabilisiert werden muss, dass die Kulturgüter überhaupt erst eingebracht werden können. Lange sind darum Bautrockner gelaufen, um die Räume zu entfeuchten. Auch Mitte November wurden noch Klimadaten erhoben und ausgewertet. Die Eröffnung der Forschungsbiblio-
thek ist für Februar 2018 geplant. Dann soll auch die Homepage an den Start gehen, später werden zudem Fernleihen möglich sein. Begleitet wird Meinhardts Arbeit von einem wissenschaftlichen Beirat, in dem sich bibliothekarischer und kirchenhistorischer Sachverstand vereinen. Was die künftigen Nutzer betrifft, so hat Meinhardt, der zurzeit mit einem Team von sieben Personen arbeitet, natürlich die nationale und internationale Forscherwelt im Blick. Aber auch für interessierte Bürger der Stadt soll die Bibliothek in Teilen nutzbar sein. Anbieten wird man zu festen Terminen kulturhistorische Rundgänge. Und man werde Veranstaltungsformate entwickeln, die sich an eine breite Öffentlichkeit richten. Und die, sagt Meinhardt, wolle nicht zuletzt »ihr Schloss« sehen.
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