Hebräer 11 - Predigttext Palmarum 2021
WAS GLAUBE IST ... QUID SIT FIDES
Die Engel schreiten immer nach dem Beten
zu einem Tisch, darauf ein dunkler Krug.
Man hieß mich auch, an diesen Platz zu treten,
die Worte anzuhören, die man frug.
Es griff beherzt in das Gefäß ein jeder
und wählt daraus ein Los mit raschem Zug.
Beschrieben jedes Los mit feiner Feder,
für jeden Engel eine Frage stand.
Man las sie laut und deutlich vom Katheder -
und ließ sie wandern dann von Hand zu Hand.
Mein Engel kam als Nächster an die Reihe
und löste seines Rätsels festes Band.
Dass er den Spruch aus hartem Rund befreie,
rollt er den Zettel aus, sein Mund liest vor:
„Was Glaube sei?“ QUID FIDES SIT - ich leihe
der Antwort auf die Frage nun mein Ohr.
Von seinem Platze aus mit langem Stabe
zeigt jemand auf ein Bild. Das dürre Rohr
weist auf das Muster einer goldnen Wabe
und der sie trug - das war ein blonder Knabe!
Weil Gott aus Nichts das weite All erdachte,
hält fest der Glaube sich am Heilgenschein
des klaren, reinen Nichts. Dort waltet sachte
ein Etwas, selber noch ganz ohne Sein.
„Nicht mehr“ und ein „Noch nicht“ aus diesen beiden
erschuf sich Gott des Weltalls weiten Schrein.
Wer wollte zwischen beidem unterscheiden?
Der Glaube? Nein! Er nimmt das Rätselbild
für bares Glück, obwohl die großen Leiden
des Zweifels an ihm zerren hart und wild.
Es bleiben unsichtbar die letzten Dinge,
der Glaube aber glaubt, was noch nicht gilt.
Zum Zwecke, dass aus Nichts sich Etwas schwinge,
macht tief im Herzen sich der Glaube auf -
er fleht und fleht, dass ihm das Werk gelinge
und damit nimmt die Sache ihren Lauf.
Rein gar nichts ist in Wirklichkeit zu schauen,
doch Hoffnung drückt ihr Siegel auf den Kauf.
Wenn Bienen noch an leeren Waben bauen
sie trotzdem schon den süßen Nektar kauen.
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