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Pfarrer:innen-Ausbildung
Kirche spielt mit Feuer

Auszubildende Pfarrer:innen experimentieren im Schlosshof mit Feuerbällen
Es ist Mittwochabend. Auf dem dunklen Schlossplatz stehen elf Vikar:innen – das sind Pfarrer:innen in Ausbildung – in einem lockeren Kreis um einen brennenden Watteball. „Jetzt spielen wir uns den Ball gegenseitig zu. Dabei ruft ihr der nächsten euer Bibelzitat zu: Feuer!“, ruft Maraike Winkler (Vikarin in Berlin) und initiiert den Auftakt eines ungewöhnlichen Ballwechsels. Der orange leuchtende Feuerball fegt mit langem Schweif über das Kopfsteinpflaster des Wittenberger Schlosshofs. „Geist“, „Brausen“, „Geburtstag“ klingen die Bibelworte der Vikar:innen durch die Dunkelheit, während der Feuerball vom einen zur anderen über den Boden fliegt.
Sabine Kramer, Direktorin des Evangelischen Predigerseminars der Schlosskirche, zieht Bilanz: „Ein Jahr lang kommen zwei Kurse von Vikar:innen zu uns ans Predigerseminar nach Wittenberg und entwickeln ihr eigenes pastorales Handeln – also ihren Stil Gottesdienste zu halten, Kirchengemeinden zu leiten und Glauben zu gestalten.“
Ein Experiment für Experimentierfreudige. Aus vier evangelischen Landeskirchen kommen die angehenden Pfarrer:innen zu den Kurswochen insgesamt zehn Mal nach Wittenberg, um miteinander zu lernen und sich auszutauschen. Ein Spiel mit dem Feuer? „Nein, eigentlich nicht.“, sagt Laura Krannich (Vikarin in Halle). „Wir haben die Chance, uns hier zu begegnen, neue Gottesdienstformen auszuprobieren, miteinander zu diskutieren und uns zu vernetzen. Denn wir gestalten die Kirche von morgen!“, so Krannich. Das kann man auch erleben: Am 5. März gestalten die Vikar:innen wieder um 10 Uhr einen Gottesdienst der Schlosskirche.
Neben Gottesdiensten, in denen die Vikar:innen die Möglichkeit haben, neue Predigtformen auszuprobieren und aus der Gemeinde konkrete Rückmeldungen dazu zu erhalten, bilden sich die angehenden Pfarrer:innen außerdem in Seelsorge und Kirchenleitung weiter. In Seminaren diskutieren sie untereinander und mit Referent:innen aktuelle Fragestellungen von Kirche und Gesellschaft.
Und auch Musik spielt eine wichtige Rolle in der Ausbildung. Jeden Tag singen die Vikar:innen und einmal pro Woche gibt es Sprechbildung, denn Pfarrer:innen reden viel!
Besonders vor dem Hintergrund des strukturellen Wandels in der Kirche wird die musikalische Kompetenz der angehenden Pfarrer:innen aktiv gefördert. Dazu gehören auch Einheiten zu Liederkunde, Singanleitung sowie Chor- und Handglocken-Workshops wie in dieser Kurswoche.
Der Feuerball ist zum Ruhen gekommen. Die Vikar:innen stehen um die Glut und warten gemeinsam, bis sie erloschen ist. Denn obwohl sie mit dem Feuer spielen und sich so auch spielerisch neue Konzepte für die gemeindepädagogische Arbeit aneignen, achten sie darauf, dass alles gut abgesichert ist. „Die Zeit in Wittenberg hat mir gut gefallen.“, sagt Stephanie Klumpp (Vikarin in Leipzig) am Ende der Kurswoche zum Thema Kirche und Öffentlichkeit. „Man braucht natürlich Zeit, um hier anzukommen, gemeinsam ins Arbeiten zu kommen und sich aufeinander einzulassen. Ich habe die Zeit hier als insgesamt produktiv und inspirierend erlebt. So langsam spüre ich schon einen gewissen Abschiedsschmerz, weil die Ausbildungszeit am Predigerseminar bald endet.“
Noch zweimal treffen sich die elf Vikar:innen aus Kurs A im Predigerseminar, bevor ihre Ausbildung mit Prüfungen in Berlin, Dresden und Erfurt abgeschlossen wird. Im nächsten Jahr beginnen sie als Pfarrer:innen ihren Dienst an neuen Orten und geben den Funken weiter, mit dem im Predigerseminar alles begann.

Autor:

Almut Bockisch

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