Licht und Holz zum Lob Gottes
Die Ankunft der neuen Prinzipalstücke im Evangelischen Predigerseminar Wittenberg fiel auf einen unruhigen Tag.
Von Corinna Nitz
Es war, erinnert sich Hanna Kasparick, der 5. Oktober: Sturmtief Xavier zog mit Orkanböen übers Land und hinterließ auch in der Lutherstadt und Umgebung Schäden, besonders in der Natur. Unversehrt gelangten indes die Preziosen ins Schloss zum Predigerseminar. Später, sagt dessen scheidende Direktorin, da haben beim Aufbau der Prinzipalien die Vikare das Lied »Großer Gott, wir loben dich« gesungen. Gründe zu loben und zu danken, gibt es in diesen Tagen wohl einige. Denn nach Jahren des Exils, verbunden auch mit Rückschlägen auf der Großbaustelle Schloss, ist das Seminar nun in seinem neuen Domizil angekommen. Die Trauerarbeit über den Auszug aus dem Augusteum und den »Verlust« desselben im Jahr 2012 an die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt scheint bewältigt.
Grund zur Freude bieten die Prinzipalstücke, die der in München beheimatete Bildhauer Werner Mally für die Seminar-Aula, gern auch Winterkirche genannt, geschaffen hat. Altar, Taufe, Kanzel, Leuchter – herausgearbeitet aus geschichtetem Birkenholz. Sie wirken wie der Gegenentwurf zu den oftmals prunkvollen sakralen Ausstattungsgegenständen vergangener Zeiten in Kirchen. Und müsste man Mallys Arbeit mit Musik beschreiben, so fiele einem vielleicht Arvo Pärt ein. Dem estnischen Komponisten gelingt mit betörender Einfachheit und wenigen Tönen, wofür andere ein ganzes Orchester brauchen: Er berührt die Menschen, so sie dafür empfänglich sind, ganz unmittelbar und nicht selten tief.
Mally, der schon einige Prinzipalien konzipiert hat, verzichtet bei seiner Schöpfung für das Predigerseminar auf jegliche Form von Zierrat. Was wirkt, sind das Material und die Formen und, das vor allem, die dem Ganzen zugrunde liegende künstlerische Idee: So sei aus dem Altar die Taufe entstanden und aus der Taufe die Kanzel, die aufs Wort weist, welches im Osterleuchter schließlich Licht wird. Jenseits rezeptionsästhetischer Betrachtungen kann Kasparick freilich auch zur Genese dieser Prinzipalstücke Auskunft geben. So habe es bereits seit 2014 eine Beratergruppe gegeben: zu ihr gehörten neben anderen Christian Lehnert vom Liturgiewissenschaftlichen Institut an der Universität Leipzig, Bettina Seyderhelm als Kunstbeauftragte der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und Thomas Erne, Direktor des Instituts für Kirchenbau (Marburg).
Am Beginn der Überlegungen stand die Maßgabe, dass hier oben auf dem Wittenberger Schloss, quasi zwischen Himmel und Erde, keine Mehrzweckhalle entstehen soll, sondern ein liturgisch-geistlich geprägter Raum. Der mutet bewusst schlicht an. Ein entscheidendes architektonisches Element ist das Licht, das unter anderem durch ein ellipsenförmiges Oberlicht fällt. Bei den Prinzipalien standen Funktionalität – etwa sollten sie beweglich sein – sowie die Wirkung im Vordergrund. Für die Ausführung kamen laut Kasparick Vorschläge aus der Beratergruppe, irgendwann standen »sieben, acht Namen« im Raum. Bei einer geheimen Abstimmung lag Werner Mally vorn.
Etwa 50 000 Euro mussten, so Hanna Kasparick, für die Prinzipalstücke aufgebracht werden, davon kamen anteilig 25 000 Euro vom Verein Ausstellungshaus christliche Kunst sowie von den Landeskirchen, die in Wittenberg ausbilden lassen. Die offizielle Indienstnahme soll am 7. Dezember erfolgen, wenngleich sie in der Winterkirche bereits Abendmahl gefeiert haben. Am 9. Dezember kann schließlich bei einem Tag der offenen Tür auch die interessierte Öffentlichkeit die Studieneinrichtung besichtigen.
Autor:Adrienne Uebbing |
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