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Luther im Licht aktueller Veröffentlichungen

Der Theologe Volker Leppin mit einer Lutherfigur | Foto: epd-bild

Wittenberger Sonntagsvorlesung zu neuen Forschungen hinter den Heldengeschichten

Von Stefanie Hommers

Wer in diesen Tagen des Jahres 2017 auch nur einen flüchtigen Blick in eine Buchhandlung wirft, kommt an Luther nicht vorbei. Der Reformator begegnet dem Betrachter auf Buchdeckeln wahlweise als Mönch oder als Mensch, als Ketzer oder als kulinarischer Genießer, oder auch als Fall für die Couch des Psychoanalytikers. Theologen, Historiker und Journalisten, Protestanten, Katholiken und Atheisten haben sich darangemacht, zum Reformationsjubiläum je ihren Luther zu beleuchten. »Unser Luther? – Per­spektiven auf ein Jahrhundertjubiläum« heißt denn auch das Motto, unter dem in diesem Jahr die traditionelle Reihe der Wittenberger Sonntagsvorlesungen steht.
Zum Auftakt am 15. Januar hatte der Veranstalter, das Evangelische Predigerseminar, einen profunden Kenner in die Lutherstadt eingeladen, der ein wenig Licht in den literarischen Dschungel der Luther-Exegese zu bringen versprach. Der in Tübingen lehrende evangelische Theologe Prof. Dr. Volker Leppin hat mit »Die fremde Reformation« selbst unlängst ein neues Mosaiksteinchen zum bunten Bücherbild rund um die Luther-Forschung beigesteuert. Doch seine eigene Spurensuche stand nicht unmittelbar im Mittelpunkt der Vorlesung. Anhand von vier Thesen schlug Leppin eine Schneise in das Dickicht der Neuerscheinungen und legte den Blick darauf frei, was eigentlich neu ist – »oft herzlich wenig«, wie der Theologe freimütig bekannte.
These eins lautete, Luther sei weniger bekannt als gedacht, verrieten doch die Bücher oftmals mehr über den Schreiber als den behandelten Sachverhalt und offenbarten, dass zu allen Zeiten der Sinn von Luthers Schriften, auch von ihm selbst, durch den »Schleier
der Erinnerung« konstruiert wurde.
Zum zweiten sei Luther weniger ein Solitär als gedacht, Reformation mithin Teamwork, fußend auf Erkenntnissen von Zeitgenossen wie Nikolaus von Amsdorf, Philipp Melanchthon und Karlstadt, aber auch Konkurrenten wie Johannes Eck, mit dem Luther in seinen frühen Jahren in einem intensiven Dialog gestanden habe. Darüber hinaus mache die neuere Lutherforschung auch den europäischen Kontext der Reformation deutlicher als frühere Publikationen.
Drittens schließlich sei Luther menschlicher als gedacht. Die Heldenverehrung weiche einer Analyse des Allzumenschlichen, wie etwa die auf Luthers Körper, seine Krankheiten und Seelenzustände zielende Biografie der in Oxford lehrenden australischen Historikerin Lyndal Roper (»Luther. Der Mensch«) verdeutliche. Und schließlich sei Luther viertens mittelalterlicher als gedacht, betont Leppin und verweist – sich selbst zitierend – auf die Einflüsse des katholischen Mystikers Johannes Tauler auf Luthers Denken.
Die Direktorin des Predigerseminars, Hanna Kasparick, dankte Leppin abschließend für »die fröhliche Dekonstruktion so mancher geliebter Gewissheiten«. Es wird nicht der letzte Impuls dieser Art gewesen sein. In den kommenden Sonntagsvorlesungen werden katholische, jüdische, muslimische und atheistische Stimmen Perspektiven besonderer Art auf das Reformationsjubiläum eröffnen und zum lebendigen Dialog einladen. Luther selbst freilich, bedauerte Volker Leppin, stelle für das heutige, offene Gespräch der Religionen leider keine Hilfe dar.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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