Unerträgliches ertragen
Seelsorge: Umgang mit einer Tragödie
Ein Familiendrama in Altenfeld (Kirchenkreis Arnstadt-Ilmenau), bei dem ein Vater zwei seiner Kinder erstochen und eines lebensgefährlich verletzt hatte, erschüttert die Menschen– vor allem in der Gemeinde vor Ort. Diana Steinbauer hat mit Pfarrer Fred Klemm gesprochen, der erst vor Kurzem die Leitung der Kirchengemeinde übernommen hat.
Pfarrer Klemm, wie haben Sie von den schrecklichen Ereignissen in Altenfeld erfahren?
Klemm: Von den dramatischen Vorgängen erfuhr ich am 15. Juni aus dem Videotext. Am gleichen Tag
war eine erste Sitzung des Gemeindekirchenrats Neustadt-Altenfeld mit mir als Vakanzverwalter. In Absprache mit dem Gemeindekirchenrat und der Superintendentin wurde eine seelsorgerliche Andacht festgelegt.
Wie verlief diese Andacht?
Klemm: Am Sonntag waren etwa 100 Einwohner in der Kirche. Auch die Mutter der Kinder und der Großvater. In der gemeinsamen Stunde war viel Raum für Stille. Gott und dem Gotteshaus ist zuzutrauen, dass da eine Wirkung ist. Es war wichtig, diese Stunde nicht evangelisch zuzutexten! Es wurde nicht
gesungen!
In Abständen wurden die Opfer und die unmittelbar Betroffenen gewürdigt, dann der Ort und seine Einwohner. Das Wort Jesu: »Mein Gott, warum hast du mich ver-
lassen« und der Psalm 22 wiesen den Weg, die Frage zu beantworten, wie man Unerträgliches tragen kann. Mit Hiob wurde klargestellt, dass es jenseits von Erklärungsversuchen um das Festhalten an
Gott geht.
Die Atmosphäre war in den ersten Stille-Zeiten von dem spürbaren Schmerz geprägt. Als würden die Menschen im Ort seit dem Geschehen den Atem anhalten. Am Ende, als die Kirchentür geöffnet wurde und die Sonne in den Ausgangsbereich flutete, wurde deutlich, dass die Menschen »ausatmen« konnten. Gott sei Dank. Die Menschen saßen nach dem Segen noch fast 10 Minuten still.
Wie geht der Ort mit den Ereignissen der vergangenen Woche um?
Klemm: Die Kirche hatte sich als Zufluchtsort bewährt. Der Ort erträgt das Unerträgliche gemeinsam und im Festhalten an Gott.
Viele stellen sich die Frage, wie Gott so etwas zulassen kann. Was sagen Sie ihnen?
Klemm: Am Sonntag ging es um eine Seelsorgesituation am gesamten Ort. Ein Anfang ist gemacht. Aber es ist ein weiter Weg. Die Altenfelder sind, ob Kirchenmitglieder oder nicht, an diesem Tag in ihrer Kirche zusammengerückt.
Stille war wichtig, damit Gott »zu Wort kommt«.
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