Die Taufe – ein Fest der Gemeinde und der Familie
Anruf im Pfarrbüro: Der kleine Linus (Name geändert) soll getauft werden. »Wir stellen uns das wunderschön vor«, schwärmt die junge Mutter am Telefon. »Die ganze Familie kommt in unserem Garten zusammen und der Linus wird unter dem Apfelbaum getauft.«
Von Frank Freudenberg
Die Taufe ist ein Familienfest. Die Freude und Dankbarkeit über das Wunder des Lebens werden gefeiert. Aber die Taufe ist viel mehr: Hier wird ein Mensch in die »große Familie Gottes« aufgenommen. Der Täufling wird Teil der Gemeinde vor Ort, er soll – so wie es in den Tauffragen formuliert ist – »ein lebendiges Glied der Kirche Jesu Christi« werden.
Eine Taufe ist eben ein Familien- und ein Gemeindefest. Aber es ist nicht selbstverständlich, dass die Familie einen Bezug zum Kern der Kirchgemeinde hat. An sich sind die Paten die Schlüsselpersonen, sie vertreten bei der Taufe die Gemeinde. Doch viele Familien klagen darüber, dass sie nur schwer welche finden. Und wenn die Paten aus dem Freundes- oder Familienkreis von weit herkommen, dann haben auch sie kaum Verbindung zur Kirchgemeinde vor Ort.
Damit liegt die Gefahr nahe, dass die Taufe zu einem reinen Familienereignis verkürzt wird. Und manches Gemeindeglied scheint es genauso wahrzunehmen: »Bei der Taufe ist doch die Familie zusammen, da gehöre ich doch nicht mit hin, Herr Pfarrer.« Christlicher Glaube lebt in der Gemeinschaft und er braucht – wie alles Leben – Nahrung. Wie können also die Taufe und der Täufling näher ins Herz der Kirchgemeinde wachsen, damit der Getaufte dort Halt und Nahrung findet? Pauschallösungen sind hier nicht in Sicht, wohl aber Ansätze.
Vielerorts machen Gemeinden gute Erfahrungen mit Gottesdiensten zur Tauferinnerung. Es erscheint mir fruchtbar, die Getauften immer wieder ins Leben der Kirchgemeinde einzuladen, zu Christenlehre oder sonstigen Gemeindeveranstaltungen.
Ein viel grundsätzlicherer Gedanke betrifft das Leben der Kirchgemeinden selber: »Ist unsere Kirchgemeinde attraktiv für Familien und Kinder? Was bieten wir an, damit unsere Täuflinge hier in ihrem Glauben wachsen können? Und natürlich sollte eine Taufe auch als Fest der Kirchgemeinde wahrgenommen werden. Gemeindeglieder können sich an der Gottesdienstgestaltung beteiligen, sich –
wenn gewünscht – zur Übernahme des Patenamts bereit erklären, ein Vertreter der Kirchgemeinde kann eine Kinderbibel überreichen …
Die Begleitung der Getauften ist Aufgabe der gesamten Gemeinde und wird den Taufpaten im Besonderen übertragen. Das Patenamt soll den Täufling bis zur Konfirmation führen. Gerade in der Zeit als Konfirmand, wenn die Fragen nach dem eigenen Glauben drängend werden, sind die Paten unerlässlich. Weil aber ein Großteil der Taufpaten räumlich weit entfernt ist, haben viele Gemeinden gute Erfahrungen mit Gemeindepaten für die Zeit des Konfirmandenunterrichts gemacht. Gemeindepaten sind Gesprächspartner, besuchen gemeinsam den Gottesdienst und lassen für die Jugendlichen sichtbar werden, was es heißt, als Christenmensch zu leben.
Der kleine Linus übrigens wurde nicht im Garten der Familie getauft. Die Taufe gehört nach meiner Einschätzung in den Gottesdienst der Gemeinde. Aber die Wünsche der Familie sollen unbedingt berücksichtigt werden, sodass die Taufe sowohl ein Gemeinde- als auch ein Familienfest wird. All dies setzt voraus, dass die Kirchgemeinde vor Ort den Täufling dann auch tatsächlich begleitet und in die Gemeinschaft aufnimmt.
Frank Freudenberg
Der Autor ist Pfarrer in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
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