Glocken für den Krieg

Pfarrerin Margot Runge | Foto: privat

Kommentar von Margot Runge

Wenn abends um sechs die Glocken läuteten, mussten wir heimkommen. Läutete es nachmittags, wussten wir: Jemand wird beerdigt. Läuten Glocken zur Taufe, Konfirmation, Hochzeit und am Grab, teilen sie die schönen und die schweren Stunden einem ganzen Ort mit. Umgekehrt nehmen sie einzelne Menschen in das hinein, was alle betrifft: Frieden und Krieg, Feuer, Gefahr und Befreiung. Glockenguss und Glockenweihe sind große Feste. Zerspringt umgekehrt eine Glocke, ist das beklemmend. Wird sie abgenommen und zerschlagen, kann auch im Inneren der Menschen etwas kaputtgehen.
Im Ersten Weltkrieg wurden in ganz Deutschland Glocken von den Kirchtürmen genommen, auf Glockenfriedhöfen gesammelt und dann eingeschmolzen. Die wenigsten kamen zurück. Viele der Verschonten fielen dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer. Wenn sie zuvor zu Gottesdiensten, zu Freude und Leid der Menschen gerufen hatten, wurden sie nun zu todbringenden Waffen, zu Kanonen, Gewehren und Munition. Vielleicht wurde aus einer Glocke sogar jene Kugel, die das Leben auslöschte, das sie einstmals am Taufbecken eingeläutet hatte.
Was den Menschen helfen und ihnen das Leben erleichtern und schön machen soll, wird dazu verwendet, sie zu verletzen, zu unterdrücken, zu foltern und zu töten. Das passiert immer wieder, auch heute. Glocken zu Kanonen.
Die Bibel träumt umgekehrt. Es wird gelingen, dass die Menschen Schwerter zu Pflugscharen, Spieße zu Winzermessern schmieden – und nicht umgekehrt. Die Glocken unserer Kirchen rufen zum Gebet. Sie läuten die Liebe ein. Sie läuten gegen den Tod an. Sie mahnen für Menschenrechte. So loben sie Gott.

Die Autorin ist Pfarrerin in Sangerhausen.

Autor:

Adrienne Uebbing

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