Andacht Weihnachten
Ich steh an deiner Krippe hier, o Jesu, du mein Leben

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„Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird, denn euch ist heute der Heiland geboren.“

Gnade sei mit euch und Friede von Gott!

Liebe Gottesdienstbesucherinnen und liebe Gäste!

Dass ein Gott Mensch wird, ja, ein Kind in der Krippe – das ist ein Geheimnis des Glaubens. Es ist ein Geheimnis vor dem Menschen staunend stehen, staunend wie Maria und Josef, die Hirten, die Weisen aus dem Morgenland – staunend wie ein kleines Kind unter dem Weihnachtsbaum. Die Wurzel des Wortes „Geheimnis“ ist ja „heim“. In spirituellen Geheimnissen können Menschen beheimatet sein. Weihnachten. Es ist ein geheimnisvolles Fest mit ganz eigenem Zauber. Die Lichter verzaubern uns in der Dunkelheit. Mit Geschenken sagen wir: „Ich will dir gut sein! Ich sehe dich! Ich danke dir!“ Da sind Erinnerungen an die eigene Kindheit. Vielleicht ist da die Sehnsucht nach Zusammenhalt in der Familie. Vielleicht wissen sie noch, wo sie in der Kirche früher mit ihren Eltern gesessen haben. Vielleicht ist da ein wenig Heimweh … nach alten Zeiten. Nach Glanzpunkten. Nach dem Geheimnis unseres Lebens. Vielleicht ist es auch die Sehnsucht nach echter menschlicher Berührung. Nach Heilung von Konflikten und Zerwürfnissen. Es ist lebensnotwendig für uns Menschen, dass wir ein wenig Berührung zulassen und Vergebung üben.

Seit dem Mittelalter werden Krippenlieder vor einer aufgebauten Krippe gesungen. Gerade haben wir „Ich steh an deiner Krippen hier“ gesungen. Wer von Ihnen, von Euch, hat denn eine aufgebaute Heilige Familie mit einer Krippe zu Hause? (Wenige heben ihre Hände … das hat hier bei uns nicht so große Tradition oder wir haben es vergessen. Es gibt Gegenden wo dieser Brauch ausgeprägter ist.) Das Schmücken von Krippen, das Gebet mit dem Jesuskind, die stille Zeit beim Betrachten der Krippenfiguren, sind Bräuche … die dazu dienen, sich mit dem Geheimnis von Weihnachten zu beschäftigen. Noch heute gibt es in Tirol den alten Brauch des Krippenschauens. Da stehen die Türen offen. Man trifft sich. Man freut sich, wenn Krippler an die Tür klopfen, um Krippen zu betrachten. Man schätz sie. Die Ruhe um die Weihnachtskrippe. Oder das Gespräch mit den anderen begeisterten Kripplern. Falls Sie noch eine Reise suchen: Noch bis zum 12. Januar 2025 ist auf dem Petersplatz in Rom eine Ausstellung von 125 aus aller Welt zu sehen. Im Mittelpunkt steht dieses Jahr die Krippe aus Grado in Norditalien. Alle Figuren sind aus lokalem Lehm gearbeitet. Die Szene spielt inmitten eines Wasserlaufes. Die Heiligen drei Könige nähern sich dem Stall in einem Boot. Das Leben der Lagunenbevölkerung wird spürbar. Der Stall selbst ist aus Schilf gefertigt. An dieser Krippe haben im Laufe von 2 Jahren 40 Künstler gearbeitet. Unter dem Motto: „Hoffnung, die nicht enttäuscht“, gibt es Krippen aus allen denkbaren Materialien zu bestaunen. Es gibt Krippen aus Japanpapier, Seide, Harz, Styropor, Wolle, Kokosnuss- und Bananenfasern sowie aus Glas. Im vergangenen Jahr gab es sogar eine Krippe aus Schokolade zu sehen. Überall laufen Menschen entlang der Kolonaden. Sie bleiben stehen, schauen, sind in sich versunken, lächeln, oder fotografieren … manche beten. Krippenschauen ist etwas Wertvolles an sich.

„Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben; ich komme bring und schenke dir, was du mir hast gegeben.“ Im Lied von Paul Gerhardt klingt nur in der ersten Strophe ein Motiv aus der Weihnachtsgeschichte an. Die Ankunft der drei Könige. „ich komme, bring und schenke dir“ … aber ansonsten fehlt in dem 15 strophigen Lied alles, was wir von der Weihnachtsgeschichte und den Krippendarstellungen kennen. Es wird alles ausgeblendet – Maria und Josef, die Hirten, die Schafe, die Engel und Könige. Nichts davon ist zu hören. Nichts davon haben wir gesungen. Der Blick fokusziert sich ganz auf die Krippe mit dem Kind und ein einzelnes Ich, das singt. Es ist von Liebe die Rede, vom Herzen, von Freude und Wonne, von Fürsorge. Da steht jemand, der vor Liebe überfließt, der seine Freude und sein Glück kaum fassen kann. In dem Kind in der Krippe ist der große und unbegreifliche Gott zu den Menschen gekommen. Dieses Geheimnis formulieren viele Weihnachtslieder. Gott ist Mensch. Gott, der Schöpfer der Welt, ist als kleines, hilfloses Baby auf der Welt. Nicht als Herrscher, als Eroberer, als Sieger, als Allmächtiger, sondern ein in Windeln gewickeltes Kind, das zudem nicht in die besten Verhältnisse geboren wird. Gott sucht nicht Stärke und Macht, er wünscht sich Zärtlichkeit und Bescheidenheit. Weihnachten bedeutet: Zu glauben, dass Gott in die kleinen Dinge unseres Lebens kommen will, dass er Teil unseres Alltags werden will, mit all den einfachen Gesten, die wir zu Hause, in der Familie, in der Schule, auf der Arbeit vollziehen. In unserem gewöhnlichen Leben, will Gott außergewöhnliche Dinge bewirken. Der Engel ruft uns zu: „Fürchtet euch nicht! Denn seht, ich verkündige euch große Freude: Euch wurde heute der Retter geboren.“ Das ist eine Botschaft der Hofffnung.

In der vierten Strophe unseres Liedes hören wir vom „sich verschenken wollen“. Alles will der Sänger dem Jesuskind schenken. „Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut , nimm alles hin, und lass dirs wohlgefallen.“ Hier bekommt das Kind in der Krippe Geschenke. Es ist nichts Materielles, was dem Kind gebracht wird. Verstand, Gefühle, Charakter, Talente, Eigenheiten, Erfahrungen … alles wird dem Kind in der Krippe als Geschenk gebracht. Der Mensch an der Krippe bringt sich ganz und gar selbst mit und verschenkt sich an das Kind.

Jemand der das so singt, der hat, glaube ich, eine ganz tiefe Glaubenserfahrung gemacht: „Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne“. Wie gefährdet das Leben ist, das wussten Paul Gerhardt und seine Zeitgenossen im Dreißigjährigen Krieg nur zu gut. Paul Gerhardt war 11 Jahre alt als der 30jährige Krieg begann und er war 41 Jahre als er endete. Im Krieg verlor er seine Eltern, Haus und Hof, die Felder verwüstet. Von 1000 Gemeindemitgliedern hatten 250 die Pest und den Krieg überlebt. Er kennt die tiefe innere Dunkelheit nur zu gut. Auch die Menschen für die die Weihnachtsgeschichte des Lukas geschrieben wird … sind Menschen der Nachkriegszeit. Da ist die desolate Situation nach Jahren der Gewalt, nach dem jüdisch-römischen Krieg. Hunger, Vergewaltigungen, Versklavungen, Vertreibung und Zerstörung durch die Römer war die Realität in die unser Weihnachtstext hinein geschrieben wird. Die ersten Hörerinnen sind traumatisierte, verletzte, an Leib und Seele hungernde Menschen. Und es ist sicher kein Zufall… das die Futterkrippe im Stall leer ist. Die leere Krippe steht für den realen Hunger der Menschen. Hunger nach Frieden, nach Brot, nach Heil sein und geheilt werden, nach eine Dach über dem Kopf und einer Kraft, die die eigene Seele aus dem Dunkel rettet. Dieses neugeborene Kind birgt eine Hoffnung in sich, auf eine andere Art von Nahrung.

Menschen aller Zeiten kennen das Gefühl „Tiefster Todesnacht“ nur zu gut. Ich denke an die Angehörigen des Anschlags auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg, mich bewegt Gisele Pelicot und ja, die Scham hat die Seiten gewechselt. Mich bewegt, dass es in diesem Geschehen nur 10 Männer von 50 geschafft haben bei ihr für ihre Schuld um Ent-Schuldigung zu bitten und Vergebung zu suchen. Ich denke an die Menschen, die schier von der Last ihrer Einsamkeit erdrückt werden. Ich denke an den Unfrieden, den Streit in unseren Familien, zwischen Freunden und Ehepartnern. Da sind die vielen kleinen und großen Kriege und Katastrophen … wenn wir in den Jahresrückblicken die schrecklichen Szenen auf dieser Welt sehen. Der Engel der Weihnachtsgeschichte ruft mitten hinein: „Fürchte dich nicht! Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Retter geboren, welcher ist Christus der Herr.“

Es gibt heute so viele „tiefste Todesnächte“ der Menschheit, die nicht sein sollten. Dies kann das Kind in der Krippe nicht einfach verhindern oder beseitigen. Menschen entscheiden, wie sie entscheiden. Aber der Blick auf das Kind in der Krippe, kann etwas in uns verwandeln. Es kann uns aus der Todesnacht der Hoffnungslosigkeit retten. Bei ihm ist Hoffnung und Zuversicht auf ein tiefes Heil werden. Dieser Gott streckt sich uns mit ausgebreiteten Armen entgegen. Seine Arme öffnen manchmal Türen. Sie retten mich vor dem Ertrinken. In diesen Armen kann ich geborgen sein und Halt finden. Diese Hände streicheln sanft. Sie spüren  meinen Herzschlag. Diese Hände schaffen Beruhigung in allem aufgeregt sein. Jesus Christus kann ich um die Vergebung meiner Schuld bitten. Aufrichtig und mit vollem Herzen. So wird ein Neuanfang möglich sein.

Jesus kann mein Leben hell machen! So manche Kerze brennt dafür auf unseren Altären, in den Kirchen, an den Tannenbäumen und Häusern. Mit diesem Hoffnungslicht können Sie heute diese Kirche verlassen. Die Kerzen liegen auf ihren Plätzen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie am Ende des Gottesdienstes im Kerzenschein einstimmen können oder leise vor sich hinsummen …. „Du bist meine Sonne … die Sonne, die mir zugebracht, Licht, Leben, Freud und Wonne.“ Das Kind in der Krippe will von uns getragen werden. Es will von uns getragen sein, damit wir sagen können: Das Kind ist mein, in meinem Herzen. Es stillt den Hunger meiner Seele. Mein Herz wird bei seinem Anblick von Freude und Kraft durchflutet. So werden Herz und Seele mutig und stark entgegen alle Anfechtungen dieser Welt. So werden wir selbst zur Krippe für dieses Kind.

„Eins aber, hoff ich, wirst du mir,
mein Heiland nicht versagen:
dass ich dich möge für und für
in, bei und an mir tragen.
So lass mich nun dein Kripplein sein“.

Und der Friede Gottes, der jede Vorstellung übertrifft, soll eure Herzen und Gedanken behüten. In Frieden. In der Gemeinschaft mit Jesus Christus soll er sie bewahren. Amen

Krippenspiel in Heldrungen
Autor:

Denise Scheel

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