Freitags vor 1
Ein Festtag, ohne den es so kein Fest geben würde
Sind Sie schon vorbereitet? Haben Sie schon alles eingekauft? Familie coronakonform eingeladen? Gedanken über das Festtagsessen gemacht? Die Deko gebastelt? Die Bibel geputzt?
Wofür?
Na für den 18. Dezember, den neuen Feiertag!
Wie, das wussten Sie nicht? Wie, den kennen Sie nicht? Wie, wir können nicht in der Weihnachtszeit schon wieder und noch mehr feiern?
Klar können wir. Müssen wir sogar. Denn ohne diesen Tag würden wir das Fest vermutlich gar nicht so kennen, wie es heute ist. Es gäbe kein Christkind und auch der 24. Dezember hätte sich kaum als Weihnachtsabend durchgesetzt. Vom Weihnachtsbaum als familiären Zentralheiligtum der Tage würden wir gar nicht erst sprechen. Alles das sind nämlich Erfindungen des Protestantismus - der 24. geht den Überlieferungen und Schriften zu Folge auf Luther selbst zurück.
Hätte der aber nicht am 18. Dezember sich auf der zugigen Grenzveste, die als Wartburg bekannt ist, hingesetzt und angefangen, das Neue Testament zu übersetzen, wir würden bis heute in katholischen Verhältnissen leben.
Unserem Chefredakteur Willi Wild ist es zu verdanken, dass wir diesen 18. Dezember aber überhaupt kennen und ich nun diese Kolumne darüber schreiben kann. Fast schon kindlich-neugierig fragte er vor einiger Zeit beim Eisenacher Lutherhaus-Direktor Jochen Birkenmeier an, wann das eigentlich losging, mit dem Welt Übersetzen. Das aktuelle Themenjahr des Freistaats Thüringen gab dafür den Anlass.
Der Historiker ging daraufhin ins Archiv, studierte ein wenig und kam recht schnell zur Einsicht, dass es (Briefe belegen dies) der 18. Dezember gewesen sein muss. Damals müsste der Reformator sich mit Federkiel und Tintenfass ausgestattet in seine Schreibkemenate gesetzt haben und fing einfach an. Dass er das Griechische und das Lateinische bereits als katholischer Mönch gelernt hatte, ist bekannt. Dass er sich aber für den zweiten Teil - das Alte Testament - das Hebräisch erst autodidaktisch mit Psalter und Talmud beigebracht habe, das wissen nur Wenige. Und auch hier soll es nur ein Wissenssnack am Rande sein.
Fest steht, dass Dr. Martinus Luder aka Junker Jörg aka Martin Luther am 18. Dezember 1521 mit der Übersetzung der Heiligen Schrift der Christenheit begann und wir das heute, 500 Jahre später, feiern sollten. Denn wenngleich Antijudaismus, Misogynie und der häufige Missbrauch seiner Übersetzungen und Aussagen zur Luther-Wahrheit dazugehören, so schuf er mit dem Übersetzung ins Meißner Kanzleideutsch doch die Grundlage für unsere moderne deutsche Sprache. Und damit auch für jenen Nationalstaat, an den sich bis heute viele Menschen verzweifelt zu klammern versuchen und der in seiner Struktur geliebt wie gehasst wird.
Zusammen mit einigen Partnern würdigt Glaube+Heimat dieses Jubiläum besonders. So haben wir in Kooperation mit der Deutschen Bibelgesellschaft, der Evangelischen Verlagsanstalt, dem Lutherhaus Eisenach und der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt ein Plakat erstellt, das einige von Ihnen schon kennen dürften. Pünktlich zum Reformationstag lag es unserer Zeitung bei und zeigt auf A2-Format die Wunder der Bibelübersetzung in einer wunderbaren Darstellung. Meine Kollegin Johanna Ozou hat es grafisch entworfen und damit eine lehrreiche und zugleich ansehnliche Flugschrift geschaffen. Eine, die sich bei jedem Betrachten neu erschließt. Haben Sie schon den stilisierten Lutherkopf aus den Namensbuchstaben des Reformators entdeckt?
Das Plakat, gibt es nun unter anderem an den Museumskassen des Lutherhauses und der Stiftung Luthergedenkstätten. Sie bekommen es aber auch online in den Shops der Evangelischen Verlagsanstalt und der Bibelgesellschaft.
Es sollte also nicht fehlen, wenn Sie in der nächsten Woche, einen Tag vor dem Vierten Advent, feiern, dass wir das Weihnachtsfest überhaupt so feiern können.
Auch in der aktuellen Ausgabe unserer Kirchenzeitung haben wir uns dem Thema gewidmet. Lesen Sie gern rein, lassen Sie sich inspirieren und: Gute Lektüre!
Unsere Themen
- Kontrovers: Die Impfpflicht in der Diskussion
- Koalition: Was die Kirche von der Ampel hat
- Kontrast: Wie zwei "Kirchenrebellen" für eine andere Kirche kämpfen
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