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Sich begegnen und vertrauen

Pippo Pollina: Der italienische Liedermacher ist seit Januar auf Europa-Tour | Foto: artecultura
  • Pippo Pollina: Der italienische Liedermacher ist seit Januar auf Europa-Tour
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Interview: Der aus Palermo stammende Liedermacher Pippo Pollina, der in der
Anti-Mafia-Bewegung aktiv war und seit zwei Jahrzehnten in Zürich lebt, gastiert am 30. Juli in der Erfurter Thomaskirche. Im Vorfeld sprach mit ihm Diana Steinbauer.

Sie stammen aus einer Region Europas, die seit Jahren mit vielen Problemen zu kämpfen hat. Dennoch singen Sie von Hoffnung und Liebe. Woher nehmen Sie Ihre Zuversicht?
Pollina:
In meiner Heimat sind wir seit Langem mit den Flüchtlingsströmen aus Afrika und deren Ursachen konfrontiert. Die Lage ist weltweit sehr kritisch. Aktuell man hat leider gute Gründe, um pessimistisch zu sein. Trotzdem, denke ich, dürfen wir nicht aufgeben und müssen eine positive Einstellung zum Leben behalten.
Wenn wir versuchen, die Probleme zu ignorieren, dann kommen sie zu uns zurück und sind größer denn je. Europa muss mit der Realität umgehen. Höhere Mauern werden nichts bringen. Es wäre vernünftig, einen Plan für die Integration von Menschen aus anderen Kulturen aufzubauen. Ein seriöses und gutes Entwicklungsprojekt. Das wird das einzig Sinnvolle sein.

Als junger Mann haben Sie selbst ihre Heimat verlassen. Es war keine Flucht, aber Sie wissen, was es bedeutet, fremd zu sein. Hilft Ihnen das, sich in andere hineinzuversetzen?
Pollina:
Man kann meine Vergangenheit und das Schicksal vieler Flüchtlinge heute nicht vergleichen. Dennoch ist es wahr, dass ich mich lange wie im Exil fühlte, aber natürlich unter ganz anderen Voraussetzungen. Und dennoch: die aktuelle Situation ist für mich tatsächlich Grundlage für poetische, künstlerische und auch kämpferische Aussagen.

Inwiefern kann Musik für Menschen eine Hilfe sein?
Pollina:
Die Musik hat ganz klar eine therapeutische Funktion und kann vielen Menschen helfen. Da bin ich sicher. Das sagen mir auch die vielen Leute, die mir fast täglich schreiben. Die Musik hat die Macht, Menschen zu vereinen und der Energiegeber in schwachen Momenten zu sein.
Was gibt Ihnen selbst Halt?
Pollina: Die Musik natürlich. Sie ist mein Halt und auch die Brücke zwischen mir und meinem Publikum. Ohne die Musik wäre ich ganz einfach sehr arm.

Nach Ihrem Konzert in Erfurt wird es ein gemeinsames Essen geben. Ist Begegnung der Schlüssel zur Lösung vieler Probleme?
Pollina:
Ich bin sicher, Begegnung ist wichtig und ohne Dialog kann kein Kontakt zueinander entstehen und damit auch kein gegenseitiges Verständnis. Deshalb glaube ich, sind diese Begegnungen auch sehr wichtig, um eine gewisse Konfrontation der Ansichten und Probleme zu erreichen.

Sie besuchen Thüringen, das in der DDR lag. In den 1980er-Jahren haben Sie an einem Jugendliederfestival teilgenommen. Welche Erfahrungen haben Sie bei dem Besuch gemacht?
Pollina:
Das ist lange her und auch die Weltlage war eine ganz andere. Aber der Besuch damals hat mir ganz klar gezeigt, dass die sozialistische Gesellschaft eine Utopie war. Was ich von der DDR sah, machte mir bewusst, dass meine Vision als Linker nicht korrespondierte mit der Verwirklichung dieses Systems im Ost-Block und wahrscheinlich auch nicht in der Sowjetunion.

Autor:

Adrienne Uebbing

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