An der Schnittstelle von Himmel und Erde
Im Kloster Drübeck kommt vom 12. bis 14. April die Synode der EKM zu ihrer Frühjahrstagung zusammen. Porträt eines besonderen Ortes.
Von Uwe Kraus
Die Sonne strahlt über dem Harz. Zwischen den grünenden Obstbäumen lugt der Turm der romanischen Klosterkirche St. Vitus hervor. Autos schießen vorüber, während eine Gruppe Wanderer am Ortseingang von Drübeck einen Reisesegen spricht.
Der Ilsenburger Ortsteil liegt am Weg. Doch an welchem? Farbige Tafeln verweisen auf den Klosterwanderweg, die Straße der Romanik, den HarzerKlosterSommer und auf das Netzwerk »Gartenträume – Historische Parks in Sachsen-Anhalt«. Seit einem Viertel-
jahrhundert zählt das Kloster zur Straße der Romanik, seit zehn Jahren pilgern Menschen vom niedersächsischen Wöltingerode über Ilsenburg und Drübeck bis ins Kloster Wendhusen in Thale.
Doch was sind schon Jahreszahlen? Das Evangelische Zentrum im Kloster Drübeck wirkt mit seinen 22 Jahren fast wie ein Jungspund, hat aber für viele die Sicht auf klösterliches Leben verändert. »Wir verfügen mit unserem Zentrum über ein großes Pfund. Da behütet die knapp 300-jährige Linde jene, die unter ihrem Laub Schutz suchen, es geht familiär zu, hier finden Gäste Ruhe und Besinnung, in unserer Anlage werden Paare getraut und Hochzeiten gefeiert«, beschreibt Geschäftsführer Karl-Heinz Purucker.
Bereits im 10. Jahrhundert beherbergte die Klosteranlage Benediktinerinnen. Frühmesse bei Tagesanbruch, dann zur Arbeit in Küche, Garten, Wald, auf die Felder – die Benediktsregel bestimmte den Tagesablauf der Ordensfrauen. In den Turbulenzen der Reformationszeit und des Bauernkrieges wurden die Nonnen vertrieben.
Ende des 17. Jahrhunderts wurde das Kloster durch kurfürstliches Edikt dem Grafen zu Stolberg-Wernigerode übereignet. Nach umfangreicher Sanierung errichtete der Graf ein Damenstift. Das Diakonische Amt der Kirchenprovinz Sachsen übernahm auf Bitte der letzten Äbtissin Magdalena 1946 das Kloster und führte es als Erholungsheim fort.
Ein historischer Plan von 1737 aus dem Archiv der Evangelischen Kirche zeigt die von Mauern umschlossenen fünf Gärten der Stiftsdamen. Die Gartenhäuschen nutzten die Stiftsdamen als Ort der Entspannung und der Besinnung.
Heute sitzen die Besucher darin und genießen die wahrlich himmlische Ruhe. Wer genau über die Beete schaut, erkennt am Gärtnerhaus die Kletterrose »Juliana zu Stolberg-Wernigerode«, die einen »FrauenOrt« markiert. Davon gibt es in Sachsen-Anhalt mehr als 30; sie erzählen Geschichte und Geschichten von Frauen.
Zur Romantischen Nacht im Kloster erleben die Gäste jährlich ein Wandelfest: Mit Einbruch der Dämmerung verzaubert sich der Garten, rund 1 000 Windlichter erleuchten die Anlage mit der angrenzenden Streuobstwiese und holen aus dem Dunkel, was tagsüber unscheinbar und nebensächlich scheint.
Der Quedlinburger Pfarrer Christoph Carstens, Gründungsmitglied des Klostersommer-Vereins, sieht »an der Schnittstelle von Himmel und Erde« eine Dreieinigkeit. »Wir wollen uns als Kloster zeigen, Kultur entstehen lassen und zum Finden und Wiederfinden beitragen«, erklärt er. Hier treffen christliche Welt und Beherbergung zusammen: Pastoralkolleg, Pädagogisch-Theologisches Institut, Haus der Stille und Medienzentrum.
Die Anlage scheint im dauernden Wandel, davon sprechen der Neubau des Eva-Heßler-Hauses, die Rekonstruktion der Gärten und der Gebetshäuschen, der Ausbau der Domänenscheune und die neue Rezeption, die Architektin Margrit Hottenrott unter dem Motto »Hinter Klostermauern die Dinge im neuem Licht sehen« geplant hat.
Für den Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, Christoph Meyns, verströmt Drübeck spirituelle Dichte. In »Zeiten der geistigen Trockenheit«, in denen sich Menschen verlassen und verzweifelt fühlen, sei es ein Ort der Gotteserkenntnis. Es gelte für die Kirche und in den Klöstern Halt zu geben, Haltung zum Leben und Verhaltensregeln zu vermitteln. »Ohne Gottesdienste gleichen Klöster leeren Schneckenhäusern.« Drübeck sei so ein magischer Ort, »der mehr hat, als wir mit unseren Sinnen erfassen können.«
Nicht ohne Grund zählt das Kloster zu den touristisch erschlossenen »Kraftorten im Landkreis Harz«. Wichtig sei, dass sich die Menschen auf den Weg machten. Und verweilen. Die achte Engelsbank auf dem Klosterweg zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt steht dafür in Drübeck. Der Pastor für Führungskräfte der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Peer-Detlev Schladebusch, meinte bei einem Kloster-Seminar, »hier findet man die Ruheinsel, dieses uralte Verbinden von ›ora et labora‹, hier atme ich christliche Spiritualität.«
Wer in den geschmackvollen Zimmern nächtigt, fühlt sich deshalb bestens aufgehoben. Nicht nur, weil die Klosterküche lecker ist, geführt von einem Koch, der einen Teil seiner Kräuter selbst zieht und dem Kloster seit anderthalb Jahrzehnten die Treue hält. Nur am Morgen fühlt man sich zu früh aus den Träumen gerissen. Man setzt auf Tradition: Die Glocke ruft erstmals um sechs Uhr.
Autor:Online-Redaktion |
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