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Empathie und Erfahrung

50 Jahre Fachschule für Heilerziehungspflege

Von Uwe Kraus

Zu Schwester Margot Schorr (85) vorzudringen, gestaltet sich beim 50. Jubiläum der Fachschule für Heilerziehungspflege der Evangelischen Stiftung Neinstedt als schwierig. Viele Menschen wollen mit ihr reden. Sie gilt als Mutter der Einrichtung.
In der Mitte der 1960er Jahre hat sie die Ausbildung konzipiert. 1966 erfolgte der erste Lehrgang im »Seminar für Heilerziehungspflege« in Neinstedt, ein Jahr später der offizielle Start für die erste heilpädagogische Fachschule in der DDR. Dass diese sich in evangelischer Trägerschaft befand, »hatte durchaus ideologische Gründe«, wie der heutige Vorstand der Evangelischen Stiftung Neinstedt, Hans Jaekel, sagt. In der Nachkriegs-DDR galten geistig Behinderte als nicht bildungsfähig und wurden abgeschoben. In Neinstedt erlebte man sie »als selbstbewusste Menschen mit Behinderung, die durchaus gebildet werden wollten«. Hier fanden sich Menschen, die diesem Anspruch gerecht werden wollten. Mit der von Margot Schorr für die DDR-Diakonie entwickelten Ausbildung und westdeutschen Lehrplänen begann die heilpädagogische Fortbildung. Kirchlich, aber nicht staatlich anerkannt war sie bis zur Wende. Erst dann erkannte man die Berufsabschlüsse an.
Heute absolvieren in der privaten Ersatzschule, vergleichbar mit einer Berufsschule, rund 60 Menschen eine vierjährige berufsbegleitende Ausbildung. Die Mehrheit stammt aus der Stiftung, aber es gibt durchaus Auszubildende vom DRK und dem Halberstädter Cecilienstift. Wer einsteigen will, braucht Lebenserfahrung. So sind 18-Jährige, die ein Praktikum machen, gern gesehen, aber eher die Ausnahme. Viele hier haben ihre erste Profession hinter sich gelassen und satteln in der Mitte ihres Berufslebens um. So wie Melanie Hoffmann, die im dritten Ausbildungsjahr ist und zuerst Pferdewirtin gelernt hat. Schnell hat sie die drei Pfeiler erkannt, die ihre Ausbildung stützen: Heilen, Erziehen und Pflegen. »Man benötigt viel Empathie für Menschen, die mehr Zeit brauchen.« Sie war im Elisabethstift in der Schwerstpflege tätig, im Tagesförder- oder im Wohnbereich. Ihr Berufsbild hat viele Mosaiksteine.
»Uns ist es wichtig, das Potenzial, das jeder von unseren Auszubildenden hat, zu erkennen und zu entwickeln«, erklärt Hans Jaekel. Dabei sei der Schulabschluss zweitrangig. Es gebe Hauptschüler, bei denen man spüre, dass sie mit Menschen umgehen können und Abiturienten, die man auf niemanden loslassen mag. »Wir hatten Leute, die aus schwierigen Lebensfeldern kamen, die bei uns ihren Weg gefunden haben.«
In der Stiftung Neinstedt arbeiten keine Sozialromantiker. »Nicht jeder hält durch«, so Jaekel. »Doch wer es schafft, der bekommt die Übernahme-Garantie und gehört zum Team der 400 Heilerziehungspfleger. Nur so können wir unseren Fachkräftebedarf sichern.«

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Nord

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