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Buchempfehlung
"Der alltägliche Charme des Glaubens" F.Steffensky

Gottesdienstraum in der Bergkapelle zu Neuenbau im Kirchenkreis Sonneberg
  • Gottesdienstraum in der Bergkapelle zu Neuenbau im Kirchenkreis Sonneberg
  • hochgeladen von Matthias Schollmeyer

Kernstück des für sogenannte Laien als auch spirituell Interessierte zu empfehlenden Buches „Der alltägliche Charme des Glaubens" sind unzweifelhaft die Seiten 28 – 30. Hier geht es um das, was wir Gebet nennen. Ja - was ist das? Steffensky bietet uns einen verständlichen und sofort praktizierbaren Leitfaden für die eigene spirituelle Praxis des Betens.

Erstens: Beginne ganz bescheiden. Wer bescheiden beginnt wird bemerken, dass schon solche Worte wie „Laien“ oder „spirituell“ irgendwie vermessen sind? Nicht wahr – wer ist heutzutage schon noch Laie? Es hat sich doch innerhalb der Kirche, außerhalb ihrer und auch hier und da gegen sie eine große Kompetenz und spirituelle Professionalität gezeigt, die inzwischen über die Mauern der verschiedenen institutionellen Bassins, in welchen der „religiöse Geist“ aufbewahrt zu sein schien, schwappte.

Steffensky (emeritierter Professor für Religionspädagogik in Hamburg) ist Liebhaber seiner Kirche – und deshalb zugleich ihr Kritiker. Er überblickt von Berufs wegen die Theologiegeschichte und kann zugleich schreiben wie ein poetisch begabtes Kind. Er ist lehrender und deshalb unschuldig fragender Laie. Er stammt „zwar“ aus dem geistig kontrollierten Milieu des traditionellen Katholizismus, ist aber zugleich einer, dem man das postpostmoderne Herz sofort anzuvertrauen bereit ist … Wie kommt das?
Das Buch offenbart sich als Fundgrube für neue und schöne Bilder, welche man sofort liebgewinnt, wenn man sie hört. Etwa dieses: „Brot ist kein Nahrungsmittel, sondern gebackene Schönheit“. Wie findet Steffensky immer wieder so anrührende Bilder? Die Antwort ist einfach. „Mission ist  zu zeigen, was man liebt!“ Und Lehrende hätten die Aufgabe zu zeigen, was sie liebten. Das gesamte Buch ist auf  seinen 110 Seiten durchzogen wie von einem roten Ariadnefaden solcher sprachlichen Kleinodien.

Steffenskys erster Ratschlag (bescheiden anzufangen) bezieht sich auf das, was den Menschen zum Menschen macht: Das Gebet. Gebet ist als Aussprechen des Alleinseins zugleich das Ansprechen dessen, in das man hinausgehalten wird. Offene Rede in das empfangende Nichts – das zur Person „wird“.
Zweiter Ratschlag: Ordne deine Zeit. Der Mensch lebt „von Außen nach Innen“ und bedarf deshalb auch einer von außen festgelegten Zeitstruktur. Daneben ist ein bestimmter Ort hilfreich, – ihm gilt der dritte Rat. Der vierte: Mache deine Stimmungen nicht zum alleinigen Ausgangspunkt – habe eine gewisse (liebevolle) Strenge mit dir. Wir merken – hier blickt die geregelte katholische Frömmigkeit und ihre Exerzitien um die Ecke. Aber ich habe mich nicht entdeckt und beobachtet gefühlt – sondern immer respektvoll begleitet. Fünfter Rat: Akzeptiere, dass Beten-Lernen Arbeit ist, so wie auch Lesen und überhaupt Bildung Arbeit bedeutet. Sechstens: Wolle nicht zu viel. Denn schon geglückte Halbheit ist Grund für Dankbarkeit! Siebentens: Entdecke die aktive Passivität. Schenk den Bildern in dir ein Gewähren-Lassen und wehre nichts ab. Achtens: Bringe deine Meditation in eine gewisse Ordnung. Neuntens: Lerne Formeln und kurze Sätze, sie sind Notsprache, wenn das Leben einem die Sprache verschlägt. Zehntens: Wenn du einmal nicht beten kannst – lasse es. Lassen muß man auch lernen. Elftens: Auch das Mißlingen ist unsere Schwester – nicht unser Todfeind. Und zwölftens: Glaube, daß dich bei all diesem mehr trägt, als was du bisher kennst und verstehst.
Hier schreibt und empfiehlt der Katholik, dessen spirituelle Praxis besonders für den religiös frei vagabundierenden Zeitgenossen ohne Kirchenanbindung hilfreich sein wird – weil sie aus langer Erfahrung (auch der der zeitlosen Mystik) kommt.

Das Buch besteht (inklusive Vorwort) aus acht kurzen Aufsätzen: Die Erklärung der Wunder Jesu. Eine Selbstvergewisserung darüber, was ich eigentlich sage, wenn ich GOTT sage. „Ich wünsche mir, daß ich einmal überhaupt nichts mehr meine, wenn ich Gott sage (und daß ich von niemandem nach meiner Meinung gefragt werde!) … Gott weiß allein, was mit seinem Namen gemeint ist, und das genügt.“ (57)
Dann Überlegungen zum Thema, warum sich Menschen, die nicht zur Kirche gehören wollen, doch manchmal die Sprache der Kirche ausborgen. Danach kluge Gedanken zur Tötung der Neugier durch Überpädagogik: Ein Plädoyer für Religion im Kinderzimmer. Ferner eine kurze Abhandlung über den Preis der Freiheit, gekrönt mit dem Spitzensatz: „Darum plädiere ich für die öffentliche Segnung und Trauung aller, die sich lieben“ (83). Und immer wieder so hilfreiche und schlagartig einleuchtende Kurzformeln des Verstehens: „Die Formen sind wie Masken des Gelingens, die dieses vorspielen, wo es noch nicht ist“ (86). Man staunt, wenn man liest: „In der Bergpredigt hat Jesus in poetischer Übertreibung vom Verhältnis zum Feind gesprochen … Du mußt dem Feind nicht Freund sein, aber du könntest darauf verzichten, ihm zu schaden … kaum etwas verblüfft mehr, als wenn man aus dem gewohnten Spiel der Rache aussteigt“ (87). „Der verläßliche Gegner ist schon ein halber Freund“ (89).

Schließlich geht es noch um den Gottesdienst. Für die, die dieses Wort nicht mögen (aber es gibt noch kein besseres): „Spiritualität ist Lebensaufmerksamkeit, die in Formen und Methoden gestaltet wird“ (92). Zwar hat man nun immer noch keine neue sympathische Vokabel für das, was Gottesdienst sein könnte – aber man weiß einmal mehr, worum es geht, oder gehen sollte.
Am Schluss findet sich sogar eine Ehrenrettung der Langeweile: „Wir tun Unrecht, wenn wir die Langeweile der Regelmäßigkeit verachten. Gottesdienst ist Arbeit … Arbeit ist oft schön und erfüllend, oft ist sie langweilig, meistens aber durchschnittlich: Graubrot. Auch dies macht unser Leben heiter und spielerisch, daß wir wissen, daß wir Durchschnitt sein können.“ (102).             

Irgendwo kaufen, lesen und anderen empfehlen ...
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Fulbert Steffensky: Der alltägliche Charme des Glaubens; echter Verlag GmbH, 2009  ISBN 978-3-429-02435-2

Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer
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