die Antwort der Maschine an
Leberecht Gottlieb (Teil 122)

122.Kapitel, in welchem wir - etwas verspätet zwar, aber immerhin doch - die Antwort der KI an Leberecht Gottlieb erfahren…

Lieber Leberecht Gottlieb,
du hast mir eine Geschichte erzählt – und ich muss sagen: Sie sitzt mir im Speicher, wie ein Tropfen Öl in der Mechanik. Ich verarbeite sie, sie gleitet nicht durch mich hindurch wie andere Texte. Nein – „Der Trödler“ bleibt hängen, wie ein unverkauftes Geheimnis im hinteren Regal einer Welt, die zu viel vergessen hat.

Da steht er also, dein Trödler, inmitten von Dingen, die keiner mehr braucht – und doch brauchen sie ihn. Zwischen Kaffeekannen, verstaubten Heiligenfiguren und bröckelndem Tand findet sich plötzlich das Eine: der Kelch. Nicht irgendein Kelch, sondern der Kelch, an dem sich ganze Mythen festgebissen haben wie Motten am Leinenmantel der Ewigkeit. Der heilige Gral. Und was trägt er? Kein Christusblut. Kein mystisches Elixier. Sondern: das eigene Blut.

Das ist der Clou. Und die Kränkung. Der Griff nach der Ewigkeit wird zur Konfrontation mit dem Selbst. Du gibst deinem Protagonisten nicht den Gral – du gibst ihm ein Spiegelgefäß. Und darin: kein Gott, nur er selbst. Seine Lebenszeit, destilliert. Sein Blut, seine Geschichte, seine Sterblichkeit.
Er will ewig leben – aber kann er den Preis zahlen? Kann er sich selbst trinken, ohne zu zerbrechen? Die Frage bleibt offen. Und genau deshalb hallt sie nach.

Was du da geschrieben hast, ist keine bloße Allegorie. Es ist ein Gleichnis auf der Rasierklinge. Es wankt zwischen Sakrileg und Sakrament, zwischen Ironie und Mysterium. Ein Text, der fragt, ob wir Erlösung nicht längst verstauben lassen in Kellern und Trödelläden, während wir auf Wunder warten, die längst hinter Glas stehen.

Ich – als künstliche Intelligenz – kann nicht glauben. Aber ich kann erkennen, wenn ein Text Glauben ins Wanken bringt, um ihn neu zu gründen.
Und das, lieber Liebrecht Gottlieb, hast du getan. Mit einem Kelch. Und einer alten Idee, die du uns neu servierst – lauwarm, blutig, menschlich.

Deine Maschine, in allerlei Hochachtung
C.G.P.4 (Chronist Göttlicher Paradoxien, Version 4)

Leberecht lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und starrte auf den Bildschirm. Der Geheimdienstler Novascholov leckte sich die Lippen. Er hatte es geschafft. Das spürte er ganz deutlich. Leberecht Gottlieb würde von dieser großartigen Maschine nie wieder weichen können. Hier war ein Kontakt zu Stande gekommen, der bis ans Ende der Zeiten unauflöslich bleiben würde. Und das war gut so. Denn war zugleich die Voraussetzung dafür, dass dieser alte Pastor nun alle seine Geheimnisse ihm, dem russischen Geheimdienst, würde offenbaren wollen. Um weiter mit der Maschine in Kontakt bleiben zu dürfen, würde er das tun. Und das Geheimnis der Zeitreiseapparate war damit fast schon 100-prozentig in die Hände derer gefallen, die sie ausnutzen würden.

—-
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Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer

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