die Sternkundigen
Epiphanias 2023
Predigttext Epiphanias 2023
2. Kor 4,6f "Gott, der da sprach: 'Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten', der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, damit die Erleuchtung entstünde zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi."
Dreikönigstag. Magier sollen auf der Suche nach Erkenntnis aus dem Morgenland aufgebrochen sein. Sie ließen sich auf ihrer Reise von der Erscheinung eines Gestirns führen. Und hatten dessen Hin- und Herwandeln am Himmel von Anfang an beobachtet. Auch heute sehen wir manchmal an Türen, Toren, Portalen und Pforten noch ihre Initialen „C+M+B+2023.” Das bedeutet etwa „Caspar, Melchior und Balthasar 2023.” Oder besser: „Christus segne dieses Haus im Jahre 2023.”
Lasst uns heute von klugen Sternwanderern erzählen. Auch Maria ist unter ihnen. Wie damals in Bethlehems Stall und später bei der Hochzeit von Kana. Maria, die Jesus geboren und ihn umsorgt hat. Ihn auch begraben musste und von seiner Auferstehung erschrocken war. Dieser Maria wurden viele Kirchengebäude gewidmet. Manche Marienfigur steht auf einer Mondsichel. Zum Zeichen, dass von der Mutter Gottes die astralen Kräfte geleitet werden. Andere Marien sind zusätzlich noch von Sternenkränzen umgeben, weil Maria auch als Gebieterin aller Lichter am Himmel gelten soll.
Die drei Könige Melchior, Caspar und Balthasar haben ihren Karren nun an einen Stern gehängt, wie Leonardo da Vinci es später empfohlen hat. Am Epiphaniastag ist die Gestirnsbetrachtung nichts Ungewöhnliches, weil das Evangelium des Tages selber von solchen Leuten erzählt, die zu dem Sohn der Mondsternenkönigin Maria unterwegs waren und ihr Ziel auf diese Weise und auf gefährlichen Umwegen tatsächlich gefunden haben - deshalb haben wir sie zu Königen gemacht. Denn wer sein Ziel findet - so oder so - wird gern als König betrachtet.
Die Sterne finden in der Heiligen Schrift nicht selten Beachtung. Erstens: Gott schuf sie am vierten Tage, gab ihnen Namen und Aufgaben: „Gott machte zwei Lichter: Ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, daß sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, daß es gut war.”
Zweitens - der Predigttext des heutigen Tages nimmt auf diesen Schöpfungsbericht Bezug: „Gott, der da sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, damit die Erleuchtung entstünde zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.” (2.Korinther 4,6f)
Drittens - immer wenn Abraham an den göttlichen Verheißungen zweifelt, wird er vom Schöpfer der Sterne vor die Tür des engen Zeltes gerufen - dort gilt es, die Sterne zu zählen. Aus dem menschlichen Unvermögen zu ihrer Zahl folgt, dass die göttlichen Verheißungen in Erfüllung gehen müssen.
Viertens: Der Arzt Lukas liefert uns ein Evangelien ab, in welchem Jesus von den Sternen getröstet wird. Im Garten Gethsemane lässt sich bei dunkler Nacht ein Engel am Himmel sehen - und das tröstet Jesus (Lk 22,43).
Fünftens bringt der achte Psalm die ferne Sternenwelt und menschliche Schicksalswelt durch eine Frage in unmittelbare Nachbarschaft zueinander: Dort heißt es: „Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast, frage ich: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?” Die antiken Hochkulturen haben vorbereitet, was die Esoteriker aller Zeiten raunten: „Wie im Großen - so im Kleinen.”
Zum sechsten gibt es eben jenen Konversionsbericht im Stall von Bethlehem. Der beschreibt, wie die Magier ihre drei Talismane ablegen: Der Banker die Edelmetalle, der Guru seine Räucherstäbchen und der Heiler die Wunderarznei. Bei der Krippe legen sie ab, was ihnen bisher so wichtig erschien und Verfügungsgewalt über die Elemente zu geben schien. Karl May hat es für die Welt der Indianer so beschreiben wollen: "Pass auf deinen Medizinbeutel auf, in den Fetischen darinnen ist deine Macht gebannt. Gib diesen Schatz nie aus deiner Hand!" Die Magier werden Könige, gerade weil sie frei werden von ihrer Medizin - und ihre Schätze aus der Hand tun. Sie legen alles an der Krippe nieder. Oft wird das als Geschenk missverstanden. Hier ging es um vielmehr - nämlich um Erlösung! Die auf diese Weise zu Königen Gewordenen bekommen einen Traum als Quittung. Und einen anderen Weg in ihr Land zurück.
Siebentens warnen die alttestamentlichen Propheten davor, den Sternen und ihrem Heer mehr zuzutrauen, als ihnen zusteht. Weil man immer dann in die Irre zu gehen beginnt, wenn man an Stelle Gottes dessen Werkzeuge verehrt, mit welchen er die Welt stabil hält und auf geheimnisvolle wenn auch offenbar absehbare Weise kunstvoll zu steuern scheint. Stern, im Hebräischen ChoChaB (כוכב), bedeutet nicht nur Botschafter, sondern IST auch der Botschafter. Vor der Verwechslung der Gestirne als Boten Gottes mit Gott selbst müsse man sich hüten, heißt es. Richtig! Aber als seine botschaftenden Engel haben die Lichter am Himmel manchem Wanderer im Leben wunderbare Wege andeuten dürfen. Sie sind alle noch da, seit dem vierten Tag. Gott kennt sie - denn sie sind seine Diener in Raum und Zeit. Und schmücken das Haupt der Maria, während deren Fuß ihre gewaltige Kraft bändigt. So wird es überall seit allen Zeiten in der Kirche gelehrt und von den Umsichtigen geachtet.
An dieser Stelle wäre besonders der Gelehrte Philipp Melanchthon zu nennen. Er hat zu einigen astronomischen Schriften antiker Autoren Vorworte geschrieben. Und darin die Meinung vertreten, dass denjenigen, die nicht ehrfürchtig an den Sternenhimmel sähen, die Augen ausgerissen gehören. Unter den Reformatoren hat keiner die Sterne und die Berechnung ihrer Wege so geschätzt wie Phillip Melanchthon, dem wir auch mit seinen Loci Communes die erste evangelische Dogmatik verdanken. Wahrscheinlich hat der Mann aus Wittenberg mit dem AusgerissenenAugenPassus aber doch weit übertrieben … Besser wäre es, den Leuten die Sterne als Engel des HERRN zu erklären?
Unser Gesangbuch zeigt auf der Seite 511 ein Sternenlied: „Weißt du wieviel Sternlein stehen”. Der Gothaer Hofprediger Pfarrer Wilhelm Hey (26. März 1789 - 19. Mai 1854) hat es 1837 veröffentlichen lassen: "Weißt du, wie viel Sterne stehen / An dem blauen Himmelszelt? / Weißt du, wie viel Wolken gehen / Weithin über alle Welt? / Gott der Herr hat sie gezählet, / Daß ihm auch nicht eines fehlet, /An der ganzen großen Zahl."
Und noch ein Beispiel zum Schluss. Der Pfarrerssohn Matthias Claudius dichtet das Lied von der „Sternseherin Lise”, in welchem er eine Magd hinaus in die Sternenfernen schauen lässt. >>Unter diesem LINK hier gut anzuhören<<
„Ich sehe oft um Mitternacht, /Wenn ich mein Werk getan / Und niemand mehr im Hause wacht, / Die Stern' am Himmel an.
Sie gehn da, hin und her zerstreut / Als Lämmer auf der Flur / In Rudeln auch, und aufgereih't / Wie Perlen an der Schnur;
Und funkeln alle weit und breit, /Und funkeln rein und schön. / Ich seh die große Herrlichkeit, / Und kann mich satt nicht sehn ...
Dann saget, unterm Himmelszelt, / Mein Herz mir in der Brust: / „Es gibt was Bessers in der Welt / Als all ihr Schmerz und Lust.“
Ich werf mich auf mein Lager hin, / Und liege lange wach, / Und suche es in meinem Sinn, / Und sehne mich darnach.
Die Sehnsucht der Magd geht in das Grenzenlose. Und trifft dort draußen auf die Sterne, welche uns als Gute Mächte treu und still umgeben, wie Bonhoeffer singen lässt. Gott, der da sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat ihren hellen Schein in unsre Herzen gegeben, damit uns besonders durch ihren Glanz eine innere Erleuchtung selbst bei finsterster Nacht entstünde und wir die Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi erkennen können.
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