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Kirchspiel Vieselbach
Die historische Glocke der Kirche in Wallichen

Es gab einmal eine Zeit, da bestimmte der Klang der Glocken den Tagesablauf der Menschen. Die Glocken gaben zeitliche Orientierung, riefen zum Kirchgang und verkündeten mit feierlichem Geläut die hohen Feste des Jahres. Sie läuteten zur Taufe, zur Hochzeit, aber auch zum Tod eines Menschen. Heute steht der Klang der Glocken für die Verkündigung in unserer säkularisierten Welt, leistet aber auch einen Beitrag zur Bewahrung kultureller Gewohnheiten.
Umso schmerzlicher ist es, wenn die gewohnte Glocke verstummt - so geschehen im Jahr 2020 in Wallichen im Kirchspiel Vieselbach. Die im Vorfeld des Einbaus einer elektrischen Läuteanlage durchgeführte sachverständige Begutachtung der Glocke hatte Beschädigungen zu Tage gebracht, die das Läuten bis zur Beseitigung der Schäden nicht mehr zugelassen haben.
Im Zuge der Vorbereitungen der inzwischen erfolgten Sanierung hat sich der Gemeindekirchenrat Vieselbach etwas näher mit der Glocke und ihrer Geschichte befasst:
Die Bronzeglocke wurde 1740 von dem Glockengießer Nicolaus Jonas Sorber gegossen, zusammen mit einer zweiten zum Geläut gehörenden größeren Glocke, die nicht mehr vorhanden ist.
Nicolaus Jonas Sorber, geboren vor 1690 in Haßleben, hat nachweislich seit 1710 in Erfurt gewirkt. Die geistige und historische Nähe zu Johann Sebastian Bach und die einzigartige Klanggestalt seiner Glocken lassen Sorber aus einer ganzen Reihe von Glockengießern des 18. Jahrhunderts hervortreten. Von den fünfstimmigen Geläuten des Erfurter Domes (1721), der Michaeliskirche in Ohrdruf (1755) und der Schlosskirche in Weimar (1712), ist lediglich das letztere vollständig im Original erhalten. Dieses zählt heute zu den schönsten und bedeutendsten mehrstimmigen Geläuten des Barock. Die Sorberschen Glocken im Dom zu Erfurt, von denen nur noch zwei original erhalten sind, stellen eine würdige Begleitung der berühmten Gloriosa dar.
Nicolaus Jonas Sorber ist 1759 in Erfurt verstorben. Von den etwa 50 bekannten durch Sorber gegossenen Glocken ist nach zwei Weltkriegen nur etwa die Hälfte erhalten, darunter die bereits erwähnten in Weimar und Erfurt, dazu auch einzelne Glocken in unserem näheren Umkreis wie in Eichelborn, Molsdorf oder Vippachedelhausen und die Glocke in Wallichen. *
Der Dachreiterturm der Wallicher Kirche und der Glockenstuhl sind um 1739 errichtet worden. Die Glocke hängt bis heute an dem originalen Holzjoch. Die Befestigung zeigte Verschleißerscheinungen und der Klöppel war locker. All dies wurde von Spezialisten fachmännisch und denkmalgerecht in Ordnung gebracht. Außerdem wurde der historische Glockenstuhl stabilisiert, sodass jetzt ein regelmäßiges und sicheres Läuten mit einer elektrischen Läuteanlage möglich ist.
Am 25. Oktober 2022 wurde die sanierte Glocke im Turm der Wallicher Kirche wieder aufgehängt und die Läuteanlage installiert.
Am 18. Dezember 2022 wird die Glocke mit einem festlichen Gottesdienst im Beisein von Superintendent Herbst wieder in Dienst gestellt. Darüber ist die Kirchgemeinde sehr froh und dankbar für die Unterstützung durch den Kirchenkreis, zahlreiche Spender und Helfer.
Wer sich die Glocke einmal ansehen möchte und sich den Aufstieg in den kleinen Turm über eine enge, steile Treppe zutraut, melde sich bitte im Pfarramt Vieselbach.

* Quelle: Veit Heller: Die Glocken und Geläute des Nicolaus Jonas Sorber – Ein Beitrag zur musikalischen Struktur der Geläute im 18. Jahrhundert. Frankfurt 1997, ISBN 3-631-30300-9
Die Fotos zeigen die Glocke vor  und nach der Sanierung .

Autor:

Dr. Karin Schindler

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