Die »Finger Gottes« aufbauen
Turm der St.-Johannis-Kirche in Ellrich bekommt wieder zwei Spitzen
Von Renate Wähnelt
Als Postkarte sind sie schon fertig, die Glockentürme von St. Johannis in Ellrich. Die schlanken Doppelspitzen prägten die Silhouette des Ortes im Kirchenkreis Südharz viele Jahrzehnte. Immer wieder wurde die gotische Hauptkirche zerstört durch Kriege und Brände. Und Vernachlässigung zu DDR-Zeiten. Immer wieder bauten die Ellricher sie wieder auf. Der Förderkreis zum Wiederaufbau der St. Johanniskirche in Ellrich e.V. wurde 1990 gegründet. Und 2008 konnte er ein erstes großes Etappenziel erreichen: Die St. Johanniskirche wurde wieder geweiht – allen Unkenrufen und auch dem rapiden Bevölkerungsschwund zum Trotz.
Nun gilt es, die Kirche innen weiter auszugestalten und zu erhalten. Für Gottesdienste und Kulturveranstaltungen, Bücherbasar und Johannisfest kommen die Besucher und tragen mit ihrem Eintrittsgeld und Spenden dazu bei, dass das Bauen weitergehen kann. Derzeit ist die Ausstellung »Luthers Lebenswelten« in der Kirche zu bewundern. Sie gehört zu den verlässlich geöffneten – bis Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr.
Das schafft der Förderkreis nicht allein. Und fertig wiederaufgebaut ist die Kirche sowieso noch nicht, denn es fehlt der Glockenturm. Mal trug er eine Spitze; vertraut von historischen Darstellungen und noch aus der Erinnerung ist jedoch die Doppelspitze. Die soll wieder zur Ellricher Silhouette gehören. Dafür macht sich ein anderer Verein stark, der Förderverein Wiederaufbau Glockenturm St. Johannis in Ellrich. »Wir haben eine Arbeitsteilung und arbeiten gut zusammen in unserem kleinen Ort«, sagt dessen Vorsitzender Martin Bischoff.
Wie der Förderkreis, so sucht auch der Glockenturm-Verein den Kontakt zu Kirchenkreis, Land Thüringen und Denkmalbehörden. Vor gut einem Jahr ist die Sicherung der Westwand und der Anbau eines Schutzdaches über dem Haupteingang beendet worden. Und es konnten Architekten eingeladen werden, Turm-Entwürfe zu präsentieren. Der Neubau soll als solcher erkennbar sein, sich aber dennoch einfügen. Nun liegt eine erste Ansicht als Postkarte vor, zusammen mit der Planung.
Im April hat der Gemeindekirchenrat beschlossen, die Planung mitzutragen. »Auch im Stadtrat soll es einen Unterstützungsbeschluss geben«, wünschen sich Martin Bischoff und seine rund 60 Mitstreiter. Dieser Tage kümmert sich der Vorsitzende um einen Rückhalt beim Kirchenkreis und der Denkmalbehörde. Mit dem Vertrieb der Postkarte, die den neuen Glocken-Doppelturm zeigt, trägt der Verein weiter Spenden-Euro für Spenden-Euro zusammen, damit der Traum wahr wird. »Die Glocken sind erhalten, wir wollen sie wieder hören«, unterstreicht Martin Bischoff und erinnert sich an die Mahnung des ehemaligen Pfarrers Höpfner, als der von den Restaurierungsplänen hörte:
»Vergesst mir den Glockenturm nicht, er ist wie ein Finger Gottes!«
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