Glockenweihe in Kleinwerther
Sogar der Engel lächelt über das neue Geläut
Nun hat sie es also getan, das erste Mal läutete die neue Glocke zum Reformationstag nach der Weihe im Gottesdienst in Kleinwerther/Kirchenkreis Südharz vor aller Ohren.
Begleitet von Gebeten nahm sie Schwung und ließ sich mit ein bisschen Verzögerung hören. Ein echter Star weiß eben, wie man die Spannung steigert.
Im Unterschied zur katholischen Glockenweihe wird bei den Protestanten übrigens nicht die Glocke geweiht, sondern die Menschen, die mit ihr umgehen und denen sie nutzen soll.
30 Jahre haben die Wertherschen darauf gespart, Spenden gesammelt, Konzerte und Feste organisiert, Suppen gekocht. Doch wie sagte Pfarrer Jochen Lenz in der Predigt, begleitet von schmunzelnden Gottesdienstbesuchern: "Bei Gott sind 1.000 Jahre wie ein Tag, demnach würde er sagen: `also geliefert wie bei Amazon, gestern bestellt, heute geliefert.´"
Erinnerungen
Unter den Gästen war auch Traudel Schulze, die die Glocken damals noch zu ihrer Hochzeit hören durfte. Der alten Dame rannen die Tränen übers Gesicht, als Pfarrer Lenz davon erzählte.
Gemeindekirchenratsmitglied Silke Titze hingegen erinnerte sich, dass zu ihrer Hochzeit keine Glocken läuteten und es merkwürdig still war. Doch das hat ja nun, Gott sei Dank, ein Ende.
Zu Taufe, Hochzeit, Konfirmation und auch zum Ende des irdischen Lebens wird die Glocke nun wieder die Gemeinde zum Gebet zusammenrufen. Die Gesichter der Anwesenden zeigten, wie nah ihnen dies geht und welche Bedeutung Glocken auch in unserer Zeit noch für die Menschen haben. Auch, wenn wir, wie Pfarrer Lenz sagte: "Heute nicht mehr von der Glocke gerufen zur Kirche laufen müssen, um auf dem Aushang zu lesen, was denn los ist. Heute ist der Buschfunk über WhatsApp viel schneller."
Auch die Turmuhr schlägt wieder
Ein schöner Moment war, als im Gottesdienst plötzlich dem Taufengel die Sonne ins Gesicht schien. Er zeigte sein "sonnigstes Lächeln". Kein Wunder, darf er doch nun regelmäßig der Stundenglocke lauschen.
An die Stundenglocke schlägt der Hammer der Turmuhr, die heute ebenfalls wieder in Betrieb genommen. Nun wissen die Menschen in Kleinwerther ohne aufs Handy oder die Armbanduhr zuschauen, ob es Zeit ist aufzustehen, das Mittagessen zu kochen oder ob man sich im Bett getrost noch einmal umdrehen darf. Schnell werden sie sich daran gewöhnen und sie vermissen, wenn sie einmal schweigen sollte.
In Kleinwerther hat sich seit heute etwas verändert. "Stündlich erinnert die Kirche nun doch einmal ein Momentchen inne zu halten und vor Gott über sein Leben nachzudenken", freute sich Pfarrer Lenz.
Alarm im Glockenturm
Nach der Glockenweihe zog die Festgesellschaft in das Haus des Volkes "Unter den Linden" zu Kaffee und Kuchen. Wer wollte konnte auch in der Kirche zur Glocke hochklettern. Doch dem steilen Aufstieg zogen viele zunächst die Stärkung auf dem Saal vor.
Anders Superintendent Andreas Schwarze, der es sich nehmen ließ nach dem Gottesdienst sofort auf den Turm zu steigen und die Automatik gleich einmal zu testen. Kaum hatte die Glocke geschwiegen, setzte er sie genüsslich noch einmal in Gang. Herr Pickert der Glocken- und Turmuhrwächter stieg vom erneuten Geläut alarmiert sofort von der Turmuhr herab, um zu sehen, wer sich das denn nun traue. Der Blick auf den Superintendenten beruhigte ihn dann jedoch schnell.
Im TV zu sehen
Wer sehen möchte, wie die Glocke in Kleinwerther auf den Turm gezogen wurde, der kann am: 6. November, um 19.50 Uhr den MDR einschalten. Im Rahmen der Sendung "Einfach genial" kann man den Akt noch einmal nachverfolgen.
Regina Englert
Autor:Regina Englert |
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