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Verfemt und vereinnahmt

Welche Rolle Thomas Müntzer heute spielt

Von Steffi Rohland

Thomas Müntzer ist keine Randbemerkung der Geschichte. So lautet das Fazit einer Podiumsdiskussion mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der Publizistin und Linken-Politikerin Luc Jochimsen und des Historikers Klaus-Rüdiger Mai.
Die verlorene Schlacht von Bad Frankenhausen, Müntzers Gefangennahme und der Tod durch das Richtschwert prägten sein Bild in den Geschichtsbüchern. Zunächst war er verfemt und vergessen, bis Mitte des 19. Jahrhunderts die politische Vereinnahmung er-
folgte.
Reiner Haseloffs Sympathie gilt dem Propheten vor Ort. »Man muss auch Thomas Müntzer in den Blick nehmen, um die Zeit zu verstehen«, sagte Haseloff. Müntzers Art, auch Gewalt in Kauf zu nehmen, drängt Haseloff zur Frage: »Ob sich notwendig verändernde Prozesse gewaltsam beschleunigen lassen? Oder müssen sie wachsen?«
Die Reformatoren Müntzer und Luther sind zwei Seiten einer Medaille, meint Luc Jochimsen. »Es ist an der Zeit, die Religiosität Müntzers wieder zu entdecken«, sagt sie und hebt »seine Wut, die Auflehnung gegen Autoritäten, gegen das, was man heute Eliten nennt« hervor. Müntzer sei aber kein Populist. »Er ist immer ein Mann des Glaubens gewesen und geblieben. Seine Forderungen von vor 500 Jahren klingen lebendig«, so die einstige Linken-Bundestagsabgeordnete.
Klaus-Rüdiger Mai erinnerte daran, dass die damalige Theologie universal in die Gesellschaft eingriff. »Es war eine Umbruchzeit – ähnlich wie heute«, sagt er. Seit dem Konzil 1414 bis 1418 gab es zwar wieder einen Papst, aber der Reformstau innerhalb der Kirche war nicht überwunden. Im Gegensatz zu Luther sind vom ständig umherziehenden Müntzer nur wenige Schriften überliefert. Aber es gingen tiefgreifende Veränderungen von ihm aus, so Klaus-Rüdiger Mai. Müntzers in Deutsch gehaltene Gottesdienste zogen tausende Menschen an. Er predigte ihnen zugewandt.
Somit ist es richtig, in »Luthers Land« auch an Thomas Müntzer zu erinnern. Einen umfangreichen Einblick gibt die Ausstellung im Schloss Allstedt »1523 – Thomas Müntzer, ein Knecht Gottes«.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Nord

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