Forum Reformation
Kirche von innen erneuern
Die gegenwärtige Stimmung in der evangelischen Kirche schwankt zwischen Aufbruch und Klage. Die einen präsentieren sich zupackend und streitbar, demonstrieren für Klimaschutz und gegen Populismus. Die anderen beklagen den schleichenden Bedeutungsverlust ihrer Kirche. Der erhoffte institutionelle Zuspruch durch das Reformationsjubiläum 2017 blieb aus – die Mitgliederzahlen in den Gemeinden sind weiter rückläufig.
Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider und seine Frau Anne möchten ihre Kirche anspornen. „Von der kleiner werdenden Kirche sollten wir uns nicht verrückt machen lassen“, findet Nikolaus Schneider. „Das Problem der Kirche ist kein Marketingproblem. Wir müssen uns stattdessen stärker bewusst werden, was unsere Gemeinsamkeiten sind.“ Dazu gehöre es auch, die eigenen Strukturen auf den Prüf-stand zu stellen und theologische Positionen neu zu verhandeln. „Debatten werden die Stärken einer Großkirche nicht zerstören, sie machen sie lebensfähig.“
Seine Frau Anne, ebenfalls Theologin und Lehrerin, nimmt indes genau dort ein Problem der Kirchen wahr: „Das Reformationsjahr gab keinen Anlass für institutionelle Veränderungen, weil sich niemand damit befasste.“ Sie kommt auf das zähe Verhandeln der Kirchen in der gemeinsamen Abendmahlsfrage zu sprechen: „Ökumene findet statt. In den Gemeinden, zwischen Menschen. Aber nicht in der Kirche.“
Für einen neuen kirchlichen Aufbruch hält Anne Schneider es für notwendig, „zeitgemäßer darüber nachdenken, wie sich Gemeinden einbringen können.“ Entscheidungsspielräume sollten neu vermessen werden, zum Beispiel von unten nach oben. Vielleicht setzte das dann auch einen Impuls in der Ökumene.
Die Herausforderung sinkender Mitgliederzahlen bekommen nicht nur Katholiken und Protestanten zu spüren. Sie kennzeichnet auch Parteien, Vereine, Gewerkschaften. Engagiert und interessiert sind die Menschen nach wie vor, nur bindungsunfähiger geworden. Festgelegt sein und trotzdem frei – die jahrhundertelange Basis des evangelischen Bekenntnisses – liest sich heutzutage fast widersprüchlich. Der Preis für Luthers Beharren auf der persönlichen Gottesbeziehung jedes Christen ist derselbe, den Demokraten für ihre Staatsform zu zahlen bereit sind. »Im Jahr 2019 muss die Demokratie die Kirche inspirieren«, fordert das Ehepaar Schneider. Tanja Kasischke
Das Ehepaar Schneider diskutiert seine „Vision einer lebendigen, kräftigen und streitbaren Kirche" beim 1. Forum Reformation in Wittenberg am 19. August.
http://bit.ly/Forum_Reformation
Autor:Online-Redaktion |
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