Das vergrämte Weiblein
Erzählung von Alexander Roda Roda mit einer Illustration von Maria Landgraf
Zum kalvinistischen Pfarrer Doktor Kando kam ein vergrämtes Weiblein. Sie mochte vierzig zählen – in diesem Alter sind Bäuerinnen schon vergrämt. – Er musterte sie und kannte sie nicht. Sie war also nicht aus seinem Sprengel. Oder katholisch. Ja, bestätigte sie, katholisch ist sie; die Pottbäuerin von Batajnitza. Und was sie wünsche?
Sie kauderte lang herum – denn einem Weiblein aus dem Dorf fällt reden mit Städtischen so schwer wie dem Gymnasiasten das Aufsatzschreiben. Endlich würgt sie hervor: Ob Hochwürden … – Der Pfarrer lehnt den Titel ab. Ob also der Herr Pfarrer der Pottbäuerin ihren Mann nicht könnte machen lutheranisch?
»Kalvinistisch, meinen Sie?« – »Lutheranisch oder galvinisch –, versteh des nit aso.« – Gewiss, antwortet befremdet der Pfarrer – gewiss, der Pottbauer könne zum kalvinischen Glauben übertreten; falls er nämlich dazu die rechte Berufung in sich fühle.
Gut, sagte das Weiblein, dann möchte der Herr Pfarrer den Pottbauern kalvinisch machen, noch heute. Und wie viel es wohl kosten wird? »Nicht so, liebe Frau! Der Bauer muss erst herkommen; muss selber seinen Willen kundtuen; und nachweisen, dass er die Lehren des kalvinischen Bekenntnisses wohl innehat; muss den Austritt aus der katholischen Kirche anmelden und feierlich unser Bekenntnis ablegen. Wo ist denn der Bauer?« – Sie blickte zu Boden und sprach langsam: »Der ist net hier.« – »Dann lassen Sie ihn holen.« – »Des is ja: man kann net.« – »Warum nicht?« – »Er is dot; dot seit fuffzehn Jahren!«
Der Pfarrer war ganz verdutzt. – »Tot ist der Bauer? Seit fünfzehn Jahren? Und möchte kalvinisch werden? Was soll das Ganze überhaupt?« Das Weiblein atmete tief auf und sprach mutig: »Hochwürden, i sag’s wie’s is – es is aso: Mein Seliger war a sehr frommer Grist …« – »Katholischer Christ, nicht wahr? Sagten Sie doch?« – »Ja. A sehr a guder Grist. Aber an eigener Mensch – alls hod müssen nach seinem Kopf gehn. Un so is er aa blieben – im Himmel. Bei sein Lebzeiten ham mir immer, wann im Haus etwas überzwerch gangen, beim Viech oder so … – da ham mir immer dem Heilingen Andonius a Kirzen anzunden und ham bet – un weil mei Seliger is aso a guder Grist gewesen, hod der Heilinge uns aa erhört. Dann is’r gsturben, der Bauer – no ja, – och – un fir sei Frömmigkeit sitzt ’r drüben gwiss zur Seiden von unserm lieben Heilingen Andonius. Ja – och.
Wie hab i können alleinich d’Wirtschaft weiderfihren? I hab müssen heiroden – ’n Gnecht, ’n Loisl. Un sehgen S’, Hochwürden: darüber gift sich der Selige; sitzt zur Seiden vom lieben Heilingen Andonius und gift sich. Und jetzt können mir, mein Loisl un i, die scheensten Kirzen anzünden un können beden, bis mir grien wern: der Heilinge Andonius erhört uns nit. Unsere Sau is verreckt – unsere Hühner saan grepiert – ’s Heu is sauer: weil sich mei Seliger dut giften über mi un mein Loisl – un dut unsern lieben Heilingen Andonius geng uns aufstacheln. Ja – och. Da hab i gmaant: ob Sö net könnten mein Seligen galvinisch machen – dass ’r halt von der Seiden des Heilingen Andonius wegkummt – in d’ Höll für sein Bosheit –, dass uns der liebe Heilinge Andonius wieder erhört.«
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