Wort zur Woche
An Tagen wie diesen
Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Psalm 145, Vers 15
An Tagen wie diesen.“ – So beginnt der Refrain eines Liedes von den "Toten Hosen", einer Punkband aus Düsseldorf. „An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit.
Von Christoph Knoll
An Tagen wie diesen haben wir noch ewig Zeit. In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht, erleben wir das Beste, kein Ende ist in Sicht.“ Das durfte ich erleben. Und mit mir Millionen Menschen, den 3. Oktober 1990. Vor 32 Jahren. Und davor, am 9. November 1989, den Mauerfall.
Das war die Nacht der Nächte. Und der 3. Oktober der Tag der Einheit. Ich hatte es nicht für möglich gehalten – weder Mauerfall noch Deutsche Einheit, noch Demokratie noch Freiheit. Am 3. Oktober feiern wir das. Besonders in Erfurt. Verbunden mit dem Landeserntedankfest. An Tagen wie diesen bin ich besonders dankbar für die Fülle des Lebens, für dieses Gottesgeschenk. Ich schaue dankbar zurück auf den Mut vieler Menschen! Ihre Liebe zur Freiheit hat damals Grenzen geöffnet. Ich bin dankbar für 32 Jahre neue, gemeinsame deutsche Geschichte.
Der Wochenspruch spricht von Dankbarkeit. “Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.“ Ich mag dieses Lobwort, und es begleitet mich schon viele Jahre. Mein Vater betet diese Versicherung oft vor den Mahlzeiten mit dem Wissen: Wir sind Beschenkte! Mit dem Nötigsten! Hunger haben und satt werden und Letzteres ausklügeln, wie das geht, bis hin zum Überfluss. Freilich, an Tagen wie diesen auch das Andere: Nicht alle schauen erwartungsvoll zu dir, Gott. Für manche wird das Wort von der „Speise zur rechten Zeit“ zynisch anmuten angesichts der furchtbaren Notsituationen. Da bemächtigt sich an diesen Tagen nicht nur Dankbarkeit unserer Gesellschaft, sondern auch große Mauligkeit! Oder sollte ich ernsthafter sagen: Unsicherheit über die Zukunft breitet sich aus!
An Tagen wie diesen muss der Dank an Gott stehen für alles Geschenkte! Die Feierlichkeiten sind gute Gelegenheit, im Miteinander das Verbindende und Hoffende zu stärken und nicht das Kritisieren, Streiten und Empören.
Der Autor ist Pfarrer der Erfurter Thomasgemeinde.
Autor:Online-Redaktion |
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