Kirchen
Den Blick auf die Kirche weiten
Austrittszahlen und Missbrauch dominieren derzeit die Berichterstattung über Kirche. Das Eigentliche der christlichen Botschaft komme dabei nicht mehr ausreichend zur Sprache, findet die württembergische Landeskirche. Ein Projekt soll das ändern.
Von Marcus Mockler (epd)
Oliver Hoesch spricht Klartext: «Als Kirche haben wir ein Kommunikationsproblem.» Der frühere Deutsche-Welle-Journalist und ehemalige Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Württemberg beobachtet, dass die überregionale Berichterstattung von Negativthemen dominiert ist, insbesondere sexueller Missbrauch und Kirchenaustritte. Dass über diese Dinge berichtet werden muss, hält er für selbstverständlich - doch biete sich der Öffentlichkeit inzwischen ein sehr einseitiges Bild. Mit einem neuen Projekt will die Landeskirche das Themenspektrum erweitern.
Hoesch ist beim württembergischen Oberkirchenrat zuständig für Publizistik. Die Öffentlichkeitsarbeit in der Stuttgarter Zentrale der Landeskirche sieht er gut aufgestellt, in der Fläche dagegen nicht. Zwar gebe es in jedem Kirchenbezirk einen Beauftragten für die Pressearbeit - für viele sei das aber ein Zusatzjob zu einem häufig ohnehin schon sehr herausfordernden Dienst. Die Begabungen und Erfahrungen Ehrenamtlicher würden zudem viel zu wenig genutzt. Das soll sich nun ändern.
Mit dem Projekt «Gemeinsam stark kommunizieren» sollen die Regionen der Landeskirche besser unterstützt werden. Hoesch sieht vor allem in zwei Bereichen Nachholbedarf: bei der strategischen Kommunikation, wo beispielsweise Hintergründe zu einer Fusion von Kirchengemeinden und -bezirken erläutert werden müssen. Und bei den sozialen Medien, auf denen kirchliche Akteure viel mehr von ihrem Glaubensalltag mitteilen könnten.
Kirchenbezirke, die sich an dem neuen Projekt beteiligen, bekommen in einem ersten Schritt Beratung vor Ort. Mit allen Akteuren - dazu zählen außer Dekanatsleitung und Kirchengemeinden auch Verantwortliche in Diakonie, Jugendarbeit oder Kirchenmusik - wird analysiert, wo man in Sachen Öffentlichkeitsarbeit gerade steht. Verbunden damit ist eine Umfrage unter den regionalen Akteuren, aus der erkennbar wird, was es schon gibt, wer sich engagiert und wo Handlungsbedarf besteht.
Danach einigen sich die Verantwortlichen auf eine Richtung, in die es gehen soll. Anschließend werden Haupt- und Ehrenamtliche gesucht, die sich für ihre Aktivitäten schulen lassen. Diese Weiterbildungen übernehmen Susanne Zeltwanger-Canz und ihr Team vom Evangelischen Medienhaus in Stuttgart.
Nach wenigen Monaten folgt die erste Evaluation. So kann es laut Hoesch sein, dass jegliche Kommunikation von übergeordneter Stelle freigegeben werden muss - was den Prozess erheblich lähmen kann. Solchem Sand im Getriebe kommt eine Evaluation auf die Spur.
Vor wenigen Tagen hat die Landeskirche das Projekt mit einer Kickoff-Veranstaltung gestartet. Mit dabei war Annette Sawade, Vorsitzende des für das Thema Öffentlichkeit zuständigen Ausschusses der württembergischen Landessynode. Die Synode unterstützt das Projekt und erhofft sich davon ein ausgewogeneres Bild von Kirche in der Gesellschaft.
Nach Einschätzung von Hoesch stehen die Kommunikation von Kirchenbezirk, -gemeinden, Kirchenmusik, Diakonie und Jugendarbeit oft unkoordiniert nebeneinander. Das Projekt könne jedoch ein Bewusstsein dafür schaffen, dass man nicht alleine kommuniziert und dass auch nicht jeder alles machen muss.
Autor:Katja Schmidtke |
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