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Ökumene-Institut vor 75 Jahren gegründet
«Den Nächsten kennen wie sich selbst»

Das Konfessionskundliche Institut im südhessischen Bensheim am 23.01.2008. Das Institut wurde 1947 in der "Villa Brunnengräber" gegründet. 1967 zog es in ein größeres Dienstgebäude in der Weststadt um, seit November 2007 befindet es sich wieder am angestammten Ort.  | Foto: epd-Bild/Norbert Neetz
  • Das Konfessionskundliche Institut im südhessischen Bensheim am 23.01.2008. Das Institut wurde 1947 in der "Villa Brunnengräber" gegründet. 1967 zog es in ein größeres Dienstgebäude in der Weststadt um, seit November 2007 befindet es sich wieder am angestammten Ort.
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Die christlichen Kirchen waren jahrhundertelang von gegenseitiger Abgrenzung geprägt. Durch die Ökumene haben sich die Konfessionen angenähert. Einer der wichtigsten evangelischen Vermittler dabei ist das Konfessionskundliche Institut in Bensheim.

Von Stephan Cezanne

Bensheim (epd). Das 20. Jahrhundert gilt als Jahrhundert des ökumenischen Aufbruchs. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs nähern sich die seit Jahrhunderten getrennten christlichen Kirchen schrittweise wieder an. Als 1959 Papst Johannes XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil zur Reform der römisch-katholischen Kirche ankündigte, gewann die konfessionskundliche und ökumenische Arbeit an Bedeutung, bilanziert Martin Bräuer. Der evangelische Theologe ist Catholica-Referent am Konfessionskundlichen Institut im südhessischen Bensheim, das am 1. November vor 75 Jahren gegründet wurde.

Die größte wissenschaftliche Forschungsstelle zur Ökumene im deutschsprachigen evangelischen Bereich ist eine Einrichtung des Evangelischen Bundes, einem Arbeitswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Unter dem Motto «Den Nächsten kennen wie sich selbst» bearbeiten heute fünf hauptamtliche und mehrere beratende wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Themenspektrum der Ökumene und Konfessionskunde, der Konfessionen und Kirchen. Es fördert zudem den Austausch zwischen akademischer Theologie und kirchlicher Praxis.

In den ersten 30 Jahren bildete die sogenannte Catholica-Arbeit den Schwerpunkt konfessionskundlichen Forschens und Studierens, erklärt Bräuer: «Dies geschah unpolemisch und wissenschaftlich, es wurde 'evangelische Selbstbesinnung' in ökumenischer Verantwortung betrieben.» Die Zeit der lange üblichen «abgrenzenden und polemischen Kontroverstheologie war endgültig vorüber». Derzeit gibt es außer dem Catholica-Referat vier weitere Referate, die sich mit Orthodoxie, Freikirchen, Anglikanismus und Weltökumene wie auch mit konfessionsübergreifenden Fragen beschäftigen.

Das Konfessionskundliche Institut (KI) hat in den vergangenen Jahren auch selbst kirchengeschichtliche Akzente gesetzt. So trägt ein wichtiges Dokument der jüngsten europäischen Kirchengeschichte die Handschrift des deutschen Ökumene-Experten Reinhard Frieling, der von 1981 bis 1997 das KI leitete. Frieling gehört zu den maßgeblichen Autoren der «Charta Oecumenica» der Kirchen Europas, die kurz nach Ostern 2001 in Straßburg ratifiziert wurde. In dem Papier verpflichten sich Protestanten, Orthodoxe und Katholiken zur Mitarbeit am Aufbau eines sozialen Europas und zu mehr Einheit unter den Christen.

Zwei Monate vor dem ersten Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin hatte das KI in Kooperation mit dem 1963 von Hans Küng gegründeten Institut für Ökumenische Forschung in Tübingen und dem 1965 vom Lutherischen Weltbund eingerichteten Institut für Ökumenische Forschung in Straßburg ein Ende der Trennung am Altar gefordert: «Nicht die Zulassung getaufter Christen zum gemeinsamen Abendmahl, sondern deren Verweigerung ist begründungsbedürftig», heißt es in der ersten von sieben «Thesen zur eucharistischen Gastfreundschaft». Auch wenn die Frage der gegenseitigen Abendmahlszulassung bis heute nicht gelöst ist, war dieser Text ein wichtiger Baustein in der Geschichte dieser Diskussion.

Mit anderen wissenschaftlichen Institutionen wie der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungen in Berlin, dem katholischen Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn, den ökumenischen Instituten in Heidelberg und Tübingen gibt es Bräuer zufolge eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Auch mit dem ökumenischen Institut der Benediktinerabtei Niederaltaich und mit Einrichtungen wie dem Centro Melantone in Rom findet eine Zusammenarbeit statt.

2007 kam es zu wichtigen Weichenstellungen. Neben dem Evangelischen Bund, der seit Gründung des Instituts auch alleiniger Träger war, traten nun EKD und die Landeskirchen von Hessen und Nassau, der Pfalz und Badens hinzu. Seit 2019 hat sich auch die Evangelische Kirche von Württemberg dem Kuratorium als dem Aufsichtsgremium des Instituts angeschlossen. 2007 erfolgte auch der Umzug zurück in die historische Villa Brunnengräber in Bensheim, die seither den Namen des Institutsgründers Wolfgang-Sucker-Haus trägt.

Auf Wolfgang Sucker, der 1964 in der Nachfolge von Martin Niemöller zweiter Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wurde, folgte 1957 bis 1981 Joachim Lell (1916-1993) als Bundesdirektor des Evangelischen Bundes und Leiter des Konfessionskundlichen Institutes. Danach kamen nach Reinhard Frieling, die Theologen Jörg Haustein (1999-2000), Michael Plathow (2001-2007), Walter Fleischmann-Bisten (2007-2015) sowie Mareile Lasogga (2016-2019). Heute hat die Ostkirchen-Expertin Dagmar Heller die Leitung der Forschungsstätte inne.

Am 27. Oktober feiert das Institut sein Jubiläum mit einem Studientag und einem öffentlichen Abendvortrag, bei dem die stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD, Bischöfin Kirsten Fehrs, den Hauptvortrag halten wird.

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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