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Kirche distanziert sich von Altkanzler Schröder
Der unendliche Fensterstreit von Hannover

Foto: epd-bild/ Derix Glasstudios

Vor fünf Jahren wollte Altkanzler Gerhard Schröder der Marktkirche in Hannover zum 500. Reformationsjubiläum ein Geschenk machen und sammelte Spenden für ein Glaskunstwerk. Nun stoppt die Kirche den Einbau wegen Schröders Haltung zum Ukraine-Krieg.

Von Michael Grau 

Es ist eine unendliche Geschichte. Erst im November hatte ein Gericht nach mehrjährigem Streit um Urheberrechte der Marktkirche in Hannover die Erlaubnis gegeben, das «Reformationsfenster» einzubauen, das von Altkanzler Gerhard Schröder
(SPD) gestiftet worden war. Nun - nur drei Monate später - zieht die Kirche selbst die Reißleine. Der Einbau wird gestoppt. Der Grund ist Schröders Haltung zum Ukraine-Krieg: Weil sich der Altkanzler (77) nicht ausreichend von der Kriegspolitik des russischen Präsidenten Wladimir Putin distanziert habe, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verbindet, könne die Kirche das Geschenk nicht annehmen, erklärten die Verantwortlichen der Marktkirche am Freitag.

Schröder ist weiter in wichtigen Positionen für russische Energiekonzerne tätig und will von diesen Ämtern trotz vieler Aufforderungen nicht lassen. Diese Haltung sei «unvereinbar mit dem friedensethischen Engagement der Marktkirche», betonte Pastor Marc Blessing. Erst vor kurzem hatte in der mittelalterlichen Backsteinkirche ein großes Friedensgebet zum Ukraine-Krieg stattgefunden. Danach drängelten sich 1.500 Menschen auf dem Vorplatz und forderten ein sofortiges Ende des russischen Angriffs. «Wir wollen für die Menschen in der Ukraine da sein, wir sind ein Ort des Friedens, des Gebets und der Hilfe», unterstrich Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes.

Das umstrittene Buntglasfenster, entworfen von dem renommierten Künstler Markus Lüpertz, lagert unterdessen in einer Glasmanufaktur im hessischen Taunusstein und soll dort nach dem Willen der Marktkirche auch erst einmal eine Weile bleiben. Die Firma Derix hat das 13 Meter hohe Kunstwerk in mehrmonatiger Arbeit fertiggestellt.
Schröder (77) und Lüpertz (80) haben es bereits abgenommen. Die Rechnungen sind bezahlt. Formal gehört das Fenster der Marktkirche, die es in Auftrag gegeben hat und nun nach Wegen sucht, wie sie weiter damit umgehen soll.

Die ganze Geschichte begann vor fünf Jahren beim 500.
Reformationsjubiläum 2017. Damals wollte Schröder der evangelischen Kirche etwas Gutes tun und ihr ein schmuckes Glaskunstwerk für die Südseite der Marktkirche schenken, wo es sonst nur eine schlichte Verglasung gibt. Bei Firmen und Verbänden sammelte er Spenden dafür ein - es hieß, er wolle Vortragshonorare weitergeben. Als Künstler beauftragte er seinen Freund Lüpertz. Die Kosten für das Fenster werden auf rund 150.000 Euro geschätzt.

Doch während sich viele über das Geschenk freuten, gingen andere auf die Barrikaden. Vor allem die eigenwillige Ästhetik von Lüpertz schreckte einige ab. Denn das Bild zeigt neben vielen Symbolen zur Reformation auch fünf große schwarze Fliegen, die für das Böse und die Vergänglichkeit stehen. Ein solches Fenster passe nicht in ein Haus der Glaubens und des Gebets, fanden Kritiker und schlossen sich zu einer Initiative zusammen, um das Fenster zu verhindern.

Rasch fanden sie einen wichtigen Bundesgenossen. Der Anwalt und Architekten-Erbe Georg Bissen argumentierte nicht ästhetisch, sondern juristisch, und pochte auf die Urheberrechte seines Stiefvaters Dieter Oesterlen (1911-1994). Dieser hatte die Marktkirche nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut und bewusst in schlichtem Stil neu gestaltet. Bissen klagte gegen den Einbau des bunten Fensters, konnte sich aber in zwei Instanzen nicht durchsetzen.

Im Laufe des Jahres wäre das Kunstwerk installiert worden - doch nun die Kehrtwende. Die Marktkirche will die Spenden jetzt rückabwickeln und das Geld an die von Schröder akquirierten Firmen und Verbände zurückgeben. «Wir werden mit den Spendern sprechen», sagt Stadtsuperintendent Müller-Brandes. Das wird allerdings ein riesiges Loch in die Kirchenkasse reißen. Wie dieses Loch gefüllt werden kann, ist offen.

Manche sagen, dieses Fenster stehe unter einem schlechten Stern.
Doch andere entgegnen: Wenn das Fenster doch noch irgendwann eingebaut werden sollte, dann hat es auf jeden Fall viel zu erzählen.

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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