Soziales
Diakonie-Chef Lilie: Sozial-Kürzungen sind «widersinnig»
Berlin (epd) - Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, hat die geplanten Kürzungen im Sozialhaushalt des Bundes erneut scharf kritisiert. Lilie bezeichnete es als «widersinnig», in der gegenwärtigen Situation bei der Wohlfahrtspflege zu kürzen. Etwa bei Migrationsfachdiensten und Beratungsstellen einsparen zu wollen, «das kann man niemandem erklären», sagte er: «Erst recht nicht den Leuten, die diese Arbeit machen und an ihrer Leistungsgrenze sind, weil die Zahlen durch die Decke gehen.»
Genauso widersinnig sei es, dass ein Drittel der Mittel für die Freiwilligendienste gestrichen werden sollen, kritisierte Lilie. Freiwilligendienste seien in doppelter Hinsicht eine Hilfe gegen den Personalmangel. Ein hoher Prozentsatz der Menschen, die sich in ihrer Jugend freiwillig sozial engagieren, wählten später einen sozialen oder einen Gesundheitsberuf.
Lilie sagte, er hoffe darauf, dass die Einsicht bei den Bundestagsabgeordneten noch wachse, die im November abschließend über den Bundeshaushalt für 2024 beraten. «Andernfalls werden wir zusammen mit anderen Wohlfahrtsverbänden Rabatz machen», kündigte der Diakonie-Chef an. «Wir haben große Sorge, dass das soziale Netz und auch der soziale Zusammenhalt vor Zerreißproben stehen». Im Entwurf des Haushaltsgesetzes sind den Angaben der Wohlfahrtsverbände zufolge Kürzungen der Bundesmittel von insgesamt 25 Prozent vorgesehen.
Sehr kritisch beurteilte der Diakonie-Präsident auch die Situation der Pflege. Einrichtungen und ambulante Dienste müssten ihre Angebote einschränken oder sogar schließen. Er forderte höhere Steuerzuschüsse für die Pflege und eine grundlegende Finanzreform. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mache «derweil Politik mit Talk, Pflaster und Symbol», sagte Lilie: «Es ist schon ein gravierender Politikausfall, dass diese Regierung auf die große Herausforderung Pflege bis jetzt keine befriedigende Antwort gefunden hat. Wir laufen gerade in eine echte Versorgungskatastrophe.»
Mit Blick auf die Halbzeitbilanz der Ampel-Regierung sagte Lilie, die Koalition habe trotz der extremen Belastungen durch Energiekrise und Inflation einiges geschafft. Dass es «keine einschneidenden sozialen Verwerfungen» gegeben habe, sei verdienstvoll. Er habe aber häufiger vermisst, dass die Politik den Austausch suche mit der Zivilgesellschaft, den Sozialverbänden und der Wirtschaft, sagte Lilie und nannte das Heizungsgesetz: «Wir haben beim Thema Heizen und Energie ein schlechtes Beispiel für das Herangehen an die ganz großen Herausforderungen der sozial-ökologischen Transformation erlebt», bilanzierte der Diakonie-Chef.
Autor:Katja Schmidtke |
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