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Die Krake Krieg

Wir in Europa haben den Krieg für eine ausgediente Karosse gehalten, mit der unsere Großeltern unterwegs waren, unsere Eltern auf dem Rücksitz.

Von Ralf-Uwe Beck

Diese alte Karosse rostet seit Jahrzehnten hinter dem europäischen Haus vor sich hin, überwuchert vom hohen Gras.

Gut so. Sie hat uns keine Angst mehr gemacht. Nun hat Putin diese alte Kiste Krieg hervorgezerrt und wieder in Gang gesetzt.

Einen Tag, nachdem Russland die Ukraine überfallen hat, hatte mein Sohn seinen 20. Geburtstag. Im Fernsehen sehe ich an diesem Tag einen Bericht, in dem eine ukrainische Dolmetscherin zugeschaltet ist.
Sie kann kaum sprechen und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht und erklärt, ihr Sohn habe sich entschlossen, sein Land zu verteidigen. Er hätte sich seine langen Haare abgeschnitten und würde seine Sachen packen.

Und ich denke an meinen Sohn und seine langen Haare, und wie es wäre, zusehen zu müssen, wie er seinen Rucksack packt. Und ich ahne, wie die Angst diese Frau gepackt hat und nicht mehr loslassen wird – bis dieser Krieg vorüber ist und hoffentlich ihr Sohn zurückkehrt.

Die Angst, das sind die Tentakel der Krake Krieg. Ich weiß nicht, was gegen diese Angst hilft, ob mir etwas helfen könnte, würde es um meinen Sohn gehen. Ich glaube nicht.
Ich wünschte, ich könnte der Dolmetscherin irgendetwas Tröstliches sagen. Irgendetwas. Aber das kann ich nicht.

Aber wir alle können sagen: Wir sehen eure Angst, wir sehen, wie sie euch drangsaliert, und wenn ihr Hilfe braucht und vor der Gefahr flieht, werden wir da sein. Die Tür ist offen.

Der Autor ist Pfarrer und Presse-Verantwortlicher der EKM.

Autor:

Online-Redaktion

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