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Margot Käßmann
Eines demokratischen Diskurses unwürdig

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Es ist erschreckend, wie der Bevölkerung lapidar mitgeteilt wird: Demnächst werden bei euch Langstreckenraketen der USA stationiert. Damit lassen sich Ziele in Russland angreifen, aber unser Land kann auch sehr schnell selbst zum Angriffsziel werden. Das wurde schlicht entschieden, nicht einmal der Bundestag wird mit dem Thema befasst.

Von Margot Käßmann

In den 80er-Jahren hat sich die Friedensbewegung intensiv für Abrüstung engagiert, damit Deutschland eben nicht zum Schlachtfeld im Ost-West-Konflikt wird. Christen waren intensiv daran beteiligt. Es war Propst Heino Falcke aus Erfurt, der 1983 auf der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Vancouver beantragte, es solle ein „Konzil des Friedens“ im Sinne Dietrich Bonhoeffers einberufen werden, um das Wettrüsten und die atomare Bedrohung zu beenden. Daraus entwickelte sich der „Konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“. Und diese Bewegung hatte durchaus Anteil an der Friedlichen Revolution in der DDR.

Heute sollen mit dem Argument notwendiger Abschreckung massive Aufrüstung und Militarisierung still hingenommen werden. Wer sie hinterfragt, wird umgehend als dumm, naiv oder Putinversteherin diffamiert. Deshalb schweigen kritische Stimmen oft oder sprechen nicht öffentlich, sondern „hinter vorgehaltener Hand“. Das ist eines demokratischen Diskurses unwürdig. Warum bleibt es so still? Lassen wir uns alle in die „Verantwortungslosigkeit hineinschläfern“, wie der Theologe Friedrich Siegmund-Schultze einmal formulierte? Auf jeden Fall scheint es, dass gerade die Generation der unter 50-Jährigen überhaupt nicht interessiert, was die Militarisierung bedeutet.


"Wir brauchen dringend eine breite öffentliche Diskussion über Wege zum Frieden"

Viele Menschen in unserem Land aber sehen die Waffenlieferungen an die Ukraine kritisch, vor allem weil offenbar über keinerlei andere, diplomatische Wege zum Frieden nachgedacht wird. Sie haben Unbehagen angesichts der Forderungen, an Schulen für die Bundeswehr zu werben, oder der neuen Debatte über eine Wehrpflicht. Manche wählen deshalb eine Partei am rechten Rand, die sich als Friedenspartei geriert. In Wahrheit sät sie aber stetig und bewusst Unfrieden, etwa mit gewaltbesessenen Fantasien von der Vertreibung eines Teils unserer Bevölkerung. Ich frage mich, warum die etablierten Parteien das Unbehagen ignorieren.

Wir brauchen dringend eine breite öffentliche Diskussion über Wege zum Frieden und über die Rolle Deutschlands dabei, in der unterschiedliche Positionen respektiert werden! Es ist an der Zeit, dass die Kirchen im Lande ihren Beitrag dazu leisten.

Autor:

Online-Redaktion

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