Eisenach: Ausstellung zur Bibelübersetzung
Grusel und Spielfreude
Musizierende Pflanzen, tanzende Engel, gruselige Ikonen: Schon die Eröffnung des Kunstprojekts "Übersetzen", das derzeit in Eisenach gezeigt wird, ist ein Omen: Brennende Wunderkerzen entzünden Kerzen und ein Mini-Feuerwerk. Die Exponate, zu denen auch Klang- und Videoinstallationen gehören, wurden von 15 Studenten der Kunsthochschule Burg Giebichenstein aus Halle gefertigt.
Von Susanne Sobko
So übersetzt Janis Josepha Strobl im Werk "Orea“ mit Elektroden die Impulse von Grünpflanzen in bauchige Tongefäße und damit in Klänge. Ein Faible für Pflanzen zeigt sie auch mit ihrem Wandteppich als orgiastische Farb- und Formfülle von Mutter Natur. Mit Keramiken zum Thema „Die Mission“ hat sich der ehemalige Eisenacher Hermann Grüneberg dem Einfluss von Missionaren gewidmet – vermeintliche Nächstenliebe zeigt sich hier als vereinnahmende Übergriffigkeit.
Niko Tsimakuridze sorgt im Untergeschoss mit einer futuristischen Ikone mit Farb- und Klangeffekten für Gänsehaut-Stimmung. Auch ihre Keramik-Ikonen entsprechen nicht den gängigen Vorstellungen von Heiligenbildern: Verstörend wirken ihre Darstellungen von Jesus, Maria und Gefährten, die gleichzeitig hypnotisch in den Bann ziehen. Metaphorisch auch das Werk „I, II, III, IV, V“ von Lucas Schneider: Er hat seinen Unterarm als Bronzeabguss mehrfach „geklont“ und lässt damit über Originale und Kopie sinnieren.
Nina Zahl hat in Eisenach an Orten der jüdischen Geschichte Kreidebotschaften auf Jiddisch hinterlassen und fotografiert. Eisenacher Stadtgeschichte verarbeitete auch Lina-Josephine Wiedwald, indem sie 50 Persönlichkeiten auf zauberhaft-skurrilen Fliesenbildern verewigt hat.
Das denkmalgeschützte Elektrizitätswerk in Eisenach bietet den perfekten Rahmen für die Ausstellung. Das Gebäude, in dem man vormals Energie umgewandelte, wird als innerstädtische Industriebrache nun selbst transformiert. So nutzt man auch die Durchbrüche zwischen den Stockwerken: Das über acht Meter lange "Feiertagsmobile" von Martin Neubert, Professor für Plastik, lässt Fabelwesen, Bibel-Figuren und Engel tanzen.
Biblische Bezüge sind auch bei Jan Herzog zu finden. Unter dem Motto "In God we Trust – Tohuwabohu" lässt er ein Aluminium-Netz durch den Raum wuchern.
„Wir als Künstler sind immer Übersetzer“, betont Künstlerin und Hochschullehrerin Sabine Golde. Zum Entschlüsseln der Werke sei Neugierde und Intuition gefragt. Missverständnisse seien dabei nicht ausgeschlossen. „Im Gegenteil, sie erweitern den Raum der Möglichkeiten."
Die Ausstellung im Elektrizitätswerk in Eisenach ist bis zum 14. August zu sehen, immer Donnerstag und Freitag von 16 bis 19 Uhr sowie am Samstag von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Autor:Online-Redaktion |
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