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Ja – Nein –Neutral
Im Herbst 1989 gingen hierzulande Menschen auf die Straße. Sie traten ein für gesellschaftliche Veränderungen und Meinungsfreiheit. Sie standen auf gegen staatliche Bevormundung und Überwachung.
Von André Poppowitsch
Mit Kerzen in der Hand haben sie gebetet, der Stadt Bestes gesucht, „Keine Gewalt!“ gerufen. Gemündet ist dies in freien, gleichen und geheimen Wahlen, bei denen das Wahlergebnis nicht vor, sondern erst nach der Stimmenauszählung feststand. Unglaublich, dass das schon 35 Jahre her ist.
Damals war ich gerade zehn Jahre alt. Wie wichtig es ist, wählen zu gehen, hat sich mir damals in mein Bewusstsein eingebrannt. Und heute scheint mir meine Wahlentscheidung schwerer zu fallen denn je. Plakate hängen allerorten in diesen Tagen. Der eine wirbt mit „Christ, Sozialist, Ministerpräsident“ – die Partei, für die er antritt, wird jedoch unterschlagen. Auf anderen Plakaten steht unter einem Flugzeug „Sommer, Sonne, Remigration“ – und mir dreht sich beim Lesen der Magen um.
Obschon ich längst kein Jungwähler mehr bin, versuche ich mich am Wahl-O-Mat, der von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen erarbeitet wurde. Ich klicke mich durch 38 Thesen. Ich stimme zu, lehne ab oder bin neutral – meistens hänge ich innerlich meinem „Ja“ oder „Nein“ ein „Aber“ an. Die Fragen unserer Zeit sind für mich zu differenziert, als dass ich sie auf kurze Thesen runterbrechen kann. Und mein Ergebnis? Ich hatte Zustimmungswerte mit Parteien, die ich bisher nicht wirklich auf meinem Schirm hatte. Was bleibt ist, das selbstständige Denken nicht aus der Hand zu geben, sich mit Parteiprogrammen zu beschäftigen, in Familien und Freundeskreisen zu diskutieren – um dann eine bewusste Wahlentscheidung zu treffen.
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Autor:André Poppowitsch |
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