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Berliner Erklärung
Kirchen sind jetzt gefragt

"Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg": Unter diesem Motto versammelten sich zu den diesjährigen Ostermärschen, wie hier in Berlin, zahlreiche Menschen. Die Veranstalter warnten vor einer Eskalation des Krieges. | Foto: Foto: epd-bild/Christian Ditsch
  • "Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg": Unter diesem Motto versammelten sich zu den diesjährigen Ostermärschen, wie hier in Berlin, zahlreiche Menschen. Die Veranstalter warnten vor einer Eskalation des Krieges.
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  • hochgeladen von Beatrix Heinrichs

Die Logik des Kriegs muss unterbrochen werden, fordert eine Gruppe Christen und Friedensaktivisten. In einer Erklärung dringen die Unterzeichner auf diplomatische Anstrengungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs. Ihren Text lesen Sie hier im Wortlaut.

Der russische Angriff auf die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine stellt einen eklatanten Bruch des Völkerrechts dar. Er verstößt gegen die Charta der Vereinten Nationen und gegen die europäische Friedensordnung. Der Ukraine wurde ein Verteidigungskampf aufgenötigt. Er ist legitim und gerechtfertigt. Dass die Ukraine sich jetzt schon länger als eineinhalb Jahre gegen die russische Aggression wehren kann, liegt auch an Staaten im Westen, die die Ukraine mit erheblichen Waffenlieferungen unterstützen.

Diese todbringende Auseinandersetzung wäre in dem Augenblick beendet, in dem Russland seine Kriegshandlungen gegen die Ukraine einstellt und deren territoriale Integrität in den Grenzen vor 2014 wiederherstellt. Da dies nicht geschieht, gerät die Ukraine immer stärker unter die Zwänge einer reinen Kriegslogik, nach der ein militärischer Sieg Voraussetzung für die Beendigung des Kampfes ist. Angesichts des Risikos einer atomaren Eskalation stößt eine auf Sieg ausgerichtete Kriegslogik aber an ihre Grenze. Vielmehr muss die Logik des Krieges durchbrochen werden. Um einen lang andauernden Abnutzungskrieg mit katastrophalen Zerstörungen und unabsehbaren weltweiten Auswirkungen zu verhindern, müssen alle Anstrengungen mobilisiert werden, durch einen Waffenstillstand den Raum für die politisch-diplomatische Bearbeitung und Transformation des Konflikts zu eröffnen.

Hintergrund

Zu den Unterzeichnern der in Berlin veröffentlichen Erklärung gehören der frühere Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Konrad Raiser, und seiner Ehefrau Elisabeth Raiser, der evangelischen Präsidentin des ersten Ökumenischen Kirchentages 2003 in Berlin. Weitere Unterzeichner sind der Erfurter Altpropst Heino Falcke, die Theologinnen Almuth Berger und Ruth Misselwitz, der frühere Pax-Christi-Generalsekretär Joachim Garstecki und der DDR-Bürgerrechtler Heiko Lietz.

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill hat Russlands, Putins Überfall der Ukraine religiös und politisch gerechtfertigt. Das hat vorhandene Spannungen zwischen unterschiedlichen orthodoxen Glaubenstraditionen weiter verschärft. Die christlichen Kirchen in Europa und weltweit müssen endlich gemeinsam ihre friedensstiftenden Potentiale mobilisieren, um mit Nachdruck einen Beitrag für die Beendigung des Krieges zu leisten.

Mann des Friedens

Im Rahmen des vor 40 Jahren angestoßenen ökumenischen „konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ haben die Kirchen die Grundüberzeugung bekräftigt, dass „Krieg nach Gottes Willen nicht sein soll(e)“ und sich daher für die Überwindung der Institution des Krieges und gegen den Einsatz von Gewalt zur Regelung von zwischenstaatlichen Konflikten im Sinn der Charta der Vereinten Nationen eingesetzt. In kritischer Auseinandersetzung mit der traditionellen Lehre vom gerechten Krieg hat sich im ökumenischen Dialog das Leitbild des „gerechten Friedens“ entwickelt. Aus dieser Perspektive sollen die Kirchen die politische und militärische Kriegsführung Russland ethisch prüfen und bewerten.

Wirbel um Idee vom verbesserlichen Sozialismus

Ebenso sind Maßnahmen zur militärischen Unterstützung der Ukraine ethisch zu prüfen unter dem Aspekt, ob sie geeignet sind, einen gerechten Frieden zu fördern. Wir sehen die Gefahr, dass sich die finanzielle und militärische Hilfe für die Ukraine durch die fatale Eigendynamik des Krieges in ihr Gegenteil verkehrt. Wir stellen uns dem zunehmenden Druck der Kriegslogik entgegen und widersprechen der aufkommenden Tendenz zum Ausbau von neuen geopolitischen Abschreckungsstrukturen.

Durch den Überfall Russlands auf die Ukraine scheint die Vision von einer „gemeinsamen Sicherheit“ in Europa politisch in weite Ferne gerückt. Der Aufbau von Strukturen „gemeinsamer Sicherheit“ in Europa bleibt aber notwendig.

Die verpasste Chance
Revolutionäre Kräfte
Aufrüstung ist falsches Zeichen

Unsere Hoffnung geht dahin, dass der Druck der Zivilgesellschaften und Friedensbewegungen in aller Welt, die laut und öffentlich auf Waffenstillstand und Friedensverhandlungen setzen, dazu beiträgt, das Töten in der Ukraine zu beenden.

Almuth Berger, Heino Falcke, Joachim Garstecki, Heiko Lietz, Ruth und Hans Misselwitz, Elisabeth und Konrad Raiser, Gudrun und Gerhard Rein, Andreas Zumach

Autor:

Online-Redaktion

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