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Liebe deine*n Nächste*n
Von Paul-Philipp Braun
Wir Christ*innen haben mit Sternen bekanntlich gute Erfahrungen gemacht. Nicht nur, weil eine solche Himmelserscheinung Christi Geburt mitteilte, sondern auch, weil die Sterne in der Bibel immer wieder für die Zahllosigkeit der Güte Gottes stehen.
Mit Sternen, die in Worten auftauchen, tun sich viele Menschen hingegen schwer.
Wenn von Pfarrer*innen oder Konfirmand*innen die Rede ist, dann ist dies für viele Menschen ein Anlass, dem Text eine schlechte Lesbarkeit zu attestieren. Das Argument der Inklusion – nämlich Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht einzuschließen – wird durch dieses Attest oft abgewiegelt. Und auch das Argument, dass die deutsche Sprache kein Platz für Sterne oder Unterstriche habe, kommt immer wieder zum Tragen. Vor allem Germanist*innen laufen dagegen Sturm. Was dabei oft vergessen wird: Die Entwicklung einer Sprache hält sich weniger an Regeln als an Aktualität. Das wissen wir spätestens seit Luthers Bibelübersetzung.
Gilt doch viel eher das zu beachten, was die Menschen sagen und schreiben (nicht anders ist der seit Jahren vorausgesagte Tod des Genitivs zu erklären). Und die Sterne greifen um sich: Zahlreiche Internet-Medien schreiben mit ihnen, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow nutzt sie in seinen Facebook-Posts und in Stellenausschreibungen ersetzen sie gelegentlich die Geschlechterangabe.
Das Ziel dieser Sterne (wie auch anderer Gender-Formen der Sprache) sollte den Christ*innen dabei eigentlich nicht fremd sein. Denn was Sprache hier versucht, nämlich alle Menschen einzuschließen, ist eigentlich nur im Sinne der Evangelien. Und so könnte es wohl heute heißen "Liebe deine*n Nächste*n …"
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