Landeskirche Sachsens
Missbrauch-Kommission gibt Empfehlungen
Pobershau/Dresden (kna) - Zur Aufarbeitung mehrerer Missbrauchsfälle aus den 1990er Jahren in der sächsischen Kirchgemeinde Kühnhaide-Pobershau liegt seit Freitag ein erster Zwischenbericht vor. Die unabhängige Aufarbeitungskommission gibt darin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (EVLKS) konkrete Empfehlungen für einen besseren Umgang mit Missbrauchsfällen. Bislang ungenügende Verantwortlichkeiten und Verwaltungsstrukturen müssten klarer definiert und drei Aufgabenbereiche - Intervention, Prävention und Aufarbeitung - deutlich voneinander abgegrenzt werden. Zudem sei mehr Personal dafür notwendig.
Weiter empfiehlt der Bericht der EVLKS die Bildung eines Interventionsteams, das zeitnah und professionell die Verantwortlichen vor Ort unterstützt oder selbst interveniert, wenn Verdachtsfälle sexualisierter Gewalt bekannt werden. Die Kirchgemeinden ihrerseits benötigten Unterstützung von Fachleuten, wenn sie institutionelle Schutzkonzepte erstellen. Überdies sei eine übergemeindliche theologische und seelsorgliche Auseinandersetzung mit der Thematik sinnvoll, auch vor dem Hintergrund einer immer wieder auftauchenden Forderung nach Vergebung.
In der Kirchgemeinde Pobershau im Erzgebirge war der mutmaßliche Täter seinerzeit ehrenamtlicher Kantor. Er soll sich mehreren Mädchen im Alter zwischen 11 und 15 Jahren "sexuell genähert" haben. Die Fälle wurden im Mai 2019 in der Gemeinde öffentlich gemacht. Strafrechtlich sind die Taten verjährt.
Die Kommission wurde zu Jahresbeginn von der Landeskirche beauftragt. Ihr gehören eine Sozialpädagogin, ein Psychotherapeut, eine Traumatherapeutin und ein Rechtsanwalt an. Im April fand in der Kirchgemeinde eine erste Infoveranstaltung mit der Kommission und Landesbischof Tobias Bilz statt. Die Kommission bezeichnete diese in ihrem Bericht als "beflügelnd" und lobte das "bemerkenswerte Engagement" des Kirchvorstands.
Die Kommission hatte laut Bericht elf Arbeitstreffen, sichtete 800 Seiten Dokumente zu den Fällen und hörte 18 Betroffene und Zeitzeugen in mehrstündigen Einzelgesprächen an. Frühzeitig habe sich dabei für alle Kommissionsmitglieder herausgestellt, "dass der Zeit- und Kräfteaufwand bei weitem das Maß übersteigt, welches eine ehrenamtliche Aufgabenerledigung außerhalb der Berufsarbeit ermöglicht hätte".
Positiv überrascht war die Kommission dem Bericht zufolge von einer großen Bereitschaft innerhalb und außerhalb der Gemeinde, an der Aufarbeitung durch die Kommission mitzuwirken. In allen Anhörungen sei zudem das Bemühen deutlich geworden, "es richtig zu machen".
Autor:Online-Redaktion |
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