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Landessynode Sachsen
Missbrauchsopfer erheben schwere Vorwürfe

Foto: epd-bild/ Matthias Rietschel

Auf der Frühjahrstagung der sächsischen Landessynode haben Missbrauchsopfer der Landeskirche schwere Vorwürfe erhoben. Es herrsche eine Wagenburg-Mentalität vor, niemand übernehme Verantwortung für sexualisierte Gewalt in den Reihen der Kirche.

Dresden (epd) - Betroffene sexualisierter Gewalt durch Kirchenmitarbeiter haben am Montag in Dresden schwere Vorwürfe gegenüber der sächsischen Landeskirche erhoben. Die Kirche verfolge die Aufarbeitung nur „unlustig und lauwarm“ und wolle offenbar, dass nicht zu viel „hochkocht“, kritisierte der Betriebswirt Jochen Heimann auf der Frühjahrstagung der Synode der sächsischen Landeskirche. Es gebe in der sächsischen Landeskirche zu diesem Thema keine klare Aufgabenstellung, keine Terminleiste und keine klaren Zuständigkeiten. Viele Kirchengemeinden hätten weiterhin kein Konzept zur Prävention sexualisierter Gewalt und es gebe keine Vertrauenspersonen, an die sich Betroffenen wenden könnten, kritisierte er.

Der 81-jährige Heimann gehört zu sogenannten Ströer-Gruppe. Dabei geht es um Missbrauchsfälle, für die der 2013 gestorbene Chemnitzer Jugendwart und Diakon Kurt Ströer (1921-2013) verantwortlich gemacht wird. Von 1956 an soll er 30 Jahre lang junge Menschen missbraucht haben.

Die Betroffenen fordern laut Heimann unter anderem für die Aufarbeitung auch die Stasi-Akten mit einzubeziehen. Zudem müsse das Thema Anerkennungsleistung individuell geregelt werden und nicht „per Fragebogen und Pauschalvergütung“. „Wir fordern eine fundierte und exakte Aufarbeitung und werden so lange keine Ruhe geben“, sagte Heimann.

Andere Betroffene wie der frühere Chemnitzer Pfarrer Christoph Wohlgemuth sprachen von einem Glaubwürdigkeitsproblem der Landeskirche, von fehlender Kritik- und Fehlerkultur, von einer innerkirchlichen Wagenburg-Mentalität und dass niemand Verantwortung dafür übernehme. Betroffene würden häufig wie „Nestbeschmutzer“ behandelt und ihre Perspektive außen vor gelassen. „Wir müssen uns wie Sauerbier anbieten, auch dieser Auftritt hier vor der Synode ist eine Selbsteinladung“, sagte Wohlgemuth.

Der sächsische Landesbischof Tobias Bilz sagte im Anschluss an die Betroffenenberichte, die Landeskirche erkenne gerade, „was für eine Aufgabe da vor uns liegt“. „Wir sagen 'ja' zu dieser Aufgabe“, betonte Bilz. Dafür brauche es einen festen Rahmen für einheitliche Standards und zugleich das Eingehen auf individuelle Schicksale. „Das Persönliche darf nicht hinten herunterfallen“, sagte Bilz. Er warb um die Mitarbeit der Betroffenen: „Wir brauchen ihre Rückmeldungen, das hat uns immer weitergeholfen.“

Hintergrund ist die im Januar veröffentlichte ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Im Bereich der sächsischen Landeskirche sind laut dem Präsidenten des sächsischen Landeskirchenamtes, Hans-Peter Vollbach, für den Zeitraum von 1946 bis heute 110 Betroffene sexualisierter Gewalt und 56 Beschuldigte bekannt. Insgesamt wurden bisher rund 630.000 Euro an „Anerkennungsleistungen“ an 55 Betroffene gezahlt.

Das 80-köpfige Kirchenparlament beschäftigte sich zum Abschluss seiner Tagung mit dem Thema sexualisierter Gewalt. Die Landessynode ist das gesetzgebende Organ der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Sie tritt regulär zweimal im Jahr zusammen. Zur sächsischen Landeskirche gehören derzeit rund 610.000 Mitglieder.

Autor:

Online-Redaktion

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